Fleischproduzenten warnen vor Fair-Food-Initiative
Die Schweizer Nationalwurst ist in Gefahr

Die Fair-Food-Initiative will, dass nur noch fair produzierte Lebensmittel auf den Schweizer Tellern landen. Die Fleischproduzenten sind alarmiert. Sie fürchten schon um den Cervelat.
Publiziert: 31.07.2018 um 16:39 Uhr
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Aktualisiert: 13.12.2019 um 14:57 Uhr
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Die Därme der Schweizer Cervelats kommen aus dem Ausland. Strengere Import-Vorschriften würden die Nationalwurst in Gefahr bringen, befürchtet die Fleischwirtschaft.
Foto: Keystone
Lea Hartmann

Vegi-Boom, Einkaufstourismus, angebliches Cervelat-Gate wegen muslimischer Kinder: Für die Schweizer Nationalwurst gabs definitiv schon bessere Zeiten. Und dem Cervelat droht laut den Fleischproduzenten bald das nächste Ungemach: die Fair-Food-Initiative.

Das Volksbegehren der Grünen kommt im September an die Urnen. Die Initiative will, dass der Bund künftig auf Lebensmittel aus umweltschonender, tierfreundlicher und fairer Produktion setzt – nicht nur in der Schweiz, sondern auch bei Importen aus dem Ausland.

SVP-Nationalrätin Nadja Pieren (38) ist Mitglied des gegnerischen Komitees und Präsidentin des Berner Fleischfachverbands. Sie kann der Initiative keinen guten Zipfel abgewinnen. «Die Initiative will uns vorschreiben, was wir essen dürfen und was nicht», sagt sie. «Das ist arrogant!»

Cervelat-Darm aus dem Ausland

Dass die Schweiz restriktive Vorschriften kenne, was die Tierhaltung und die Produktion von Fleisch betreffe, sei gut. Die Initiative habe aber zur Folge, dass auch Fleisch aus dem Ausland Schweizer Standards erfüllen müsste. «Das würde praktisch einen Importstopp bedeuten», ist Pieren überzeugt. Denn für ausländische Betriebe würde es sich kaum lohnen, sich den hohen Schweizer Standards anzupassen, sagt sie.

Einer der Betroffenen: der Cervelat. Die für die Nationalwurst verwendeten Rinderdärme werden derzeit zu 100 Prozent aus dem Ausland importiert. Denn Därme von Schweizer Rindern sind zu dick. Zudem waren sie wegen BSE-Risiko bis vor zwei Jahren verboten. 

Eine weitere Folge der Initiative wären laut Pieren höhere Preise für Fleisch und Fisch. Sie warnt vor einer Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Küche und am Grill: «Nur noch Reiche könnten sich Fleisch leisten», malt sie schwarz. Für die andern würde das Grünen-Anliegen laut der SVP-Frau zur «unfreiwilligen Vegi-Initiative».

«Wenn die Argumente fehlen, kommt man mit dem Cervelat»

Die Initianten der Fair-Food-Initiative wehren sich gegen dieses düstere Zukunftsszenario. «Das ist Unsinn!», sagt Grünen-Nationalrätin Maya Graf. «Was wir fordern, ist mehr Qualität, Nachhaltigkeit und Transparenz. Davon haben alle etwas.»

Die Entwicklung des Bio-Segments zeige, dass die Preise nicht steigen, wenn die Branche wächst – im Gegenteil. «Sie wird vielfältiger», sagt Graf. Die Biobäuerin kann nicht verstehen, dass die Fleischproduzenten gegen die Initiative sind. «Es liegt doch in ihrem eigenen Interesse, Preisdumping zu bekämpfen und die Qualität zu erhöhen», sagt sie.

Dass die Fleischproduzenten nun mit der Nationalwurst um Stimmen buhlen, amüsiert Graf. Für sie ist der Fall klar: «Immer, wenn die Argumente fehlen, kommt man mit dem Cervelat.»

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