Wegen Vergabe der Fussball-WM 2006
Bundesanwaltschaft klagt Zwanziger und Co. an

Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen drei ehemalige deutsche Fussball-Funktionäre und einen Schweizer Fifa-Funktionär erhoben. Sie sollen im Zusammenhang mit der Fussball-WM 2006 betrogen haben.
Publiziert: 06.08.2019 um 09:48 Uhr
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Aktualisiert: 06.08.2019 um 11:59 Uhr
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Bundesanwalt Michael Lauber wagt den Befreiungsschlag: Er hat im Fussball-Komplex erste Anklagen erhoben.
Foto: AFP

Die Bundesanwaltschaft (BA) hat beim Bundesstrafgericht Anklage gegen drei ehemalige Funktionäre des Deutschen Fussball-Bunds (DFB) – Horst Rudolf Schmidt (77), Theo Zwanziger (74) und Wolfgang Niersbach (68) – sowie gegen den ehemaligen Schweizer Fifa-Generalsekretär Urs Linsi (74) erhoben. Das teilte die BA am Dienstag Morgen in einem Communiqué mit.

Den Beschuldigten wird vorgeworfen, im April 2005 die Mitglieder eines Aufsichtsorgans des DFB-Organisationskomitees für die Fussball-WM 2006 in Deutschland arglistig über den eigentlichen Zweck einer Zahlung in der Höhe von rund 6,7 Millionen Euro getäuscht zu haben.

Betrug und Gehilfenschaft

Konkret wirft die BA den Ex-Fussball-Funktionären Zwanziger, Schmidt und Linsi Betrug in Mittäterschaft und Niersbach Gehilfenschaft zum Betrug vor.

Aus den Ermittlungen habe sich ergeben, dass Fussball-«Kaiser» Franz Beckenbauer (73) im Sommer 2002 beim mittlerweile verstorbenen französisch-schweizerischen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus (†63) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ein Darlehen in der Höhe von zehn Millionen Franken aufgenommen hat.

Dieser Betrag sei verwendet worden, um verschiedene Zahlungen über ein Schweizer Anwaltsbüro zu Gunsten eines katarischen Unternehmens von Mohammed Bin Hammam (70) zu finanzieren. Der Katarer war zu dieser Zeit Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees und der Fifa-Finanzkommission.

Wofür war das Geld?

Zu welchem Zweck die zehn Millionen an Bin Hammam flossen, habe nicht abschliessend geklärt werden können – unter anderem, weil ein entsprechendes, an die katarischen Behörden gerichtetes Rechtshilfeersuchen vom September 2016 bis dato unbeantwortet geblieben sei, so die BA.

Nach Angaben von Beckenbauer war der Betrag von Bin Hammam beziehungsweise von der Fifa-Finanzkommission als Gegenleistung für einen 250 Millionen Franken schweren Zuschuss an das OK der Fussball-WM 2006 gefordert worden. Weil der DFB diese Gelder nicht habe bereitstellen wollen, habe Beckenbauer die Forderung mithilfe des Darlehens persönlich beglichen.

Bei der Rückzahlung wurde es schwierig

Im April 2005 wurde die persönliche Darlehensschuld von Franz Beckenbauer getilgt, indem 6,7 Millionen Euro von einem DFB-Konto zunächst an die Fifa überwiesen und von dieser noch gleichentags auf ein Schweizer Konto von Louis-Dreyfus weitertransferiert wurden.

Genau diesen Punkt betrifft die Anklage der BA. Denn weil Beckenbauer, Schmidt, Zwanziger und Niersbach wussten, dass man Beckenbauers Schuld nicht aus dem offiziellen WM-Topf des DFB tilgen konnte, wurde die Zahlung an Louis-Dreyfus über ein Fifa-Konto verschleiert: Man tarnte die Summe als DFB-Beitrag an die WM-Eröffnungsfeier. Tatsächlich hätten die Beschuldigten damals bereits vereinbart, dass Linsi das Geld unmittelbar an Louis-Dreyfus weiterleitet.

Heikler Zeitpunkt der Anklage

Die zentrale Figur Beckenbauer sitzt allerdings nicht auf der Anklagebank. Die BA hat das Verfahren gegen ihn abgetrennt, weil der Gesundheitszustand von Beckenbauer eine Teilnahme oder Einvernahme an der Hauptverhandlung nicht zulasse.

Die Anklageerhebung erfolgt dennoch in einem heiklen Moment: Denn gegen die Abtrennung des Beckenbauer-Verfahrens sind noch Beschwerden möglich. Zugleich sind beim in Zusammenhang mit dem Strafverfahren zurzeit noch Ausstandsgesuche gegen die BA hängig.

Beckenbauer blitzt ab

Das Ausstandsbegehren von Beckenbauer gegen Bundesstaatsanwalt Michael Lauber und weitere Personen der Bundesanwaltschaft hat das Bundesstrafgericht allerdings abgewiesen. Das Gesuch wurde zu spät eingereicht, heisst es in einer Mittelung.  (sf)

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