Es fehle jegliches Motiv, weshalb die Fifa ohne Grund zwei Millionen Franken an den Mitangeklagten Michel Platini bezahlt haben soll, führte der Blatters Anwalt Lorenz Erni am Freitag aus. Die Beratertätigkeit Platinis sei aufgrund von dessen Laufbahn eine Million Franken pro Jahr wert gewesen.
Aufgrund der finanziellen Situation der Fifa habe man im schriftlichen Vertrag eine jährliche Entschädigung von 300'000 Franken vorgesehen. Blatter habe jedoch eine mündliche Vereinbarung mit Platini geschlossen, dass der restliche Betrag später beglichen würde. Es habe sich um ein Gentlemen's Agreement gehandelt. Und Blatter sei davon ausgegangen, dass auch ein solches gelte.
Keine heimlichen Zahlungen
Erni wies auf die Zeugenaussage des früheren Finanzdirektors der Fifa, Markus Kattner, hin, wonach für ihn keine Gründe oder Anhaltspunkte bestanden hätten, um Zweifel an der Rechtmässigkeit der 2-Millionen-Zahlung zu haben.
Auch die Aussagen anderer befragter Personen würden darauf hinweisen, dass das Honorar von einer Million Franken pro Jahr bereits vor der 2-Millionen-Überweisung im Jahr 2011 bekannt gewesen sei, sagte der Verteidiger.
Zudem sei die Abwicklung der Zahlung in keiner Weise heimlich abgelaufen. Die Forderung Platinis wurde von Blatter unterschrieben und anschliessend in der Fifa-Finanzabteilung und deren Angestellten bearbeitet worden - wie andere Zahlungen auch.
Verteidiger verlangt Genugtuung
Blatters Verteidiger verlangte neben dem Freispruch eine Genugtuung für seinen Mandanten. Sein Ruf habe aufgrund des international bekannt gewordenen Verfahrens massiv gelitten. Die Höhe der Genugtuung stellte der Anwalt in das Ermessen des Gerichts.
Blatter will die Summe gemäss Erni der Sepp Blatter-Stiftung zukommen lassen. Diese unterstützt insbesondere Fussball- aber auch Sportprojekte, wie es auf der Website der Stiftung heisst.
Betrugsvorwürfe gegen Blatter und Platini
Die Bundesanwaltschaft wirft Blatter und Platini Betrug vor. Blatter soll die Millionen-Zahlung für die mutmasslichen Beraterdienste Platinis für die Fifa zwischen Juli 1998 und Juni 2002 gutgeheissen haben. Die Zahlung erfolgte erst 2011.
Die beiden Beschuldigten hatten die Vorwürfe bereits vergangene Woche in ihren Befragungen in aller Deutlichkeit zurückgewiesen. Platini sieht in der Anklage ein Komplott, das dazu gedient habe, ihn als Fifa-Präsidenten zu verhindern und den Weg für Gianni Infantino frei zu machen.
Die Hauptverhandlung vor der Strafkammer dauert voraussichtlich bis am 22. Juni. Die Fifa tritt im Verfahren als Privatkläger auf. Sie fordert eine Ersatzzahlung von rund 2,2 Millionen Franken. Die Urteilseröffnung ist auf den 8. Juli festgelegt.
Der Prozess wird am Montag um 9 Uhr mit dem Plädoyer von Platinis Verteidiger Dominic Nellen fortgesetzt
(SDA)