Fiasko mit Hochsee-Schiffen
Parmelin eröffnet Untersuchung

Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat eine Administrativuntersuchung zu den Hochseeschiffen eröffnet. Er habe dies vor dem Hintergrund der dreistelligen Millionenverluste des Bundes bei den Bürgschaften und der Kritik der Geschäftsprüfungskommissionen getan.
Publiziert: 17.01.2020 um 10:30 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2020 um 11:39 Uhr
Will Klarheit schaffen: SVP-Bundesrat Guy Parmelin.
Foto: keystone-sda.ch

Das Wirtschaftsdepartement (WBF) begründet den Entscheid mit den dreistelligen Millionenverlusten des Bundes für die Bürgschaften und der Kritik der Geschäftsprüfungskommissionen an der Führungsorganisation der Wirtschaftlichen Landesversorgung.

Mit der Untersuchung wurde Cornel Borbély beauftragt. Der Anwalt war zwischen 2014 und 2017 Vorsitzender der Untersuchungskammer der FIFA-Ethikkommission.

Er soll die Führungsorganisation der Wirtschaftlichen Landesversorgung (WL) untersuchen. Namentlich sollen die Zusammenarbeit, die Aufgabenteilung und die Verantwortlichkeiten zwischen dem Amt und der Milizorganisation überprüft werden.

Bereits zweite Untersuchung

Als weiteren Schwerpunkt der Untersuchung hat Parmelin das Risikomanagement und Prozesse zur Überwindung von Not- und Mangellagen definiert. Überprüft werden sollen ausserdem die Zusammensetzung, die Aufgaben, die Verantwortlichkeiten und die Kompetenzen der vom WBF eingesetzten Krisenorganisation «Bürgschaften Hochseeschiffe».

Es handelt sich bereits um die zweite Administrativuntersuchung zum Hochseeschiff-Debakel. Mit der ersten hatte das Wirtschaftsdepartement - damals noch unter Johann Schneider-Ammann - die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) beauftragt. Deren Ergebnisse sind bisher nicht veröffentlicht worden, weil zwei Personen aus dem Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung Beschwerde dagegen einlegten.

Im vergangenen Herbst entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass die Passagen über die beiden gelöscht werden müssen, weil sie zu den Vorwürfen nicht angehört worden waren. Erst dann dürfe der Bericht veröffentlicht werden. Die EFK rügte das Gericht: Sie habe das verfassungsmässig garantierte Recht auf Persönlichkeitsschutz in schwerwiegender Weise verletzt, urteilte es.

Acht Empfehlungen

Die Geschäftsprüfungskommissionen des Parlaments (GPK) hatten das Wirtschaftsdepartement bereits 2018 dafür kritisiert, dass es die EFK mit der Untersuchung betraut hatte. Sie sind der Auffassung, das sei nicht angemessen gewesen.

Als Gründe nannten die GPK die fehlende Unabhängigkeit der Finanzkontrolle und eine unklare Rechtslage. Hinzu kommt, dass die die EFK die Untersuchung aus Sicht der GPK «mangelhaft» durchführte. Die wichtigsten Akteure - der ehemalige Stabschef des Bundesamts für wirtschaftliche Landesversorgung und die ehemalige Delegierte für Landesversorgung - seien nicht angemessen einbezogen worden.

Insgesamt formulierten die GPK 2018 acht Empfehlungen zuhanden des Bundesrates. Im vergangenen Sommer zogen sie Bilanz zur Umsetzung - und zeigten sich nur teilweise zufrieden. Unter anderem kritisierten sie, dass der Bundesrat die Organisationsstruktur des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung und dessen Leitung nicht eingehend prüfen wolle.

Die GPK hatten untersucht, warum der Bund nicht früher auf die Krise reagierte. Sie kritisieren sowohl das Wirtschaftsdepartement als auch das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung. Das Departement habe sich gegenüber dem Amt lange zu passiv verhalten, das Bundesamt wiederum habe das Departement nicht hinreichend informiert.

Schaden von 300 Millionen

Die Bürgschaften für Schweizer Hochseeschiffe kommen den Bund teuer zu stehen. Erst im Dezember hat das Parlament einen weiteren Nachtragskredit bewilligen müssen. Der bisherige Schaden beläuft sich auf 300 Millionen Franken.

Dass der Bund Bürgschaften für Hochseeschiffe gewährte, hat historische Gründe. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kam es zu Versorgungsengpässen. Um die Versorgung zu gewährleisten, setzte die Schweiz auf den Weltmeeren Schiffe unter eigener Flagge ein.

Inzwischen hat die Bedeutung von Hochseeschiffen im Krisenfall aber abgenommen. Lange hatte der Bundesrat das Risiko der Bürgschaften als gering eingeschätzt. Im Zuge der Finanzkrise von 2008 geriet die Hochseeschifffahrt jedoch weltweit in die Krise.

Ende 2016 hatte die Schweiz über 47 Hochseeschiffe mit durch den Bund verbürgten Krediten in Höhe von 794 Millionen Franken verfügt. Vergangenen Herbst waren es noch 26 Schiffe mit Bürgschaften in Höhe von rund 500 Millionen Franken. Nach dem Verkauf von weiteren Schiffen, für welche Bürgschaften gezogen wurden, werden noch Verpflichtungen im Umfang von 374 Millionen Franken übrigbleiben. (SDA)

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