«Femen»-Gründerin Zana Ramadani warnt vor falscher Toleranz
«Das Kopftuch ist das Leichengewand unserer Zivilisation»

Muslimische Mütter müssen sich von ihren patriarchalen Familienstrukturen emanzipieren, sagt Bestseller-Autorin Zana Ramadani und fordert Feminismuskurse für Migrantinnen sowie ein europaweites Burkaverbot.
Publiziert: 03.06.2017 um 14:39 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 04:30 Uhr
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Eine der schärfsten Islamkritikerinnen Deutschlands: Die Aktivistin Zana Ramadani.
Foto: Philippe Rossier
Cinzia Venafro (Text), Philippe Rossier (Fotos)

Das Mädchen war die «Bedienstete». Der Junge der «kleine Prinz». «Selbstverständlich war ich weniger wert und musste schön still sein», erinnert sich Zana Ramadani. «Mein Bruder und meine Cousins wurden währenddessen verhätschelt.»

Heute ist die 33-Jährige mit Wurzeln in Mazedonien eine der bekanntesten Feministinnen im deutschsprachigen Raum. Und eine der lautesten Islamkritikerinnen.

Dazwischen liegen eine Pubertät in Ketten, die Flucht aus den patriarchalen Strukturen ihrer Familie, Schutz und Zuflucht im Frauenhaus. «Wäre ich als 18-Jährige nicht abgehauen, hätte man mich entweder in Mazedonien zwangsverheiratet oder mit Gewalt und Druck zu einer sittsamen Kopftuchträgerin gemacht», sagt Zana Ramadani. Die Stimme der klein gewachsenen Frau ist hoch, ihr Sprechduktus wird mit jedem Satz schneller. 

Ramadanis Schwester berichte von Kopftuchzwang an der Schule

Zana Ramadanis Lebensziel ist die «Befreiung der Musliminnen». In ihren Augen ist jede, die sich verhüllt, die Sklavin ihres Mannes, Bruders oder Vaters. «Ein Kopftuch ist innert Sekunden angezogen», sagt sie. «Dieses Leichengewand unserer Zivilisation wieder abzulegen aber, ist ein fast nicht mehr zu bewältigender Kraftakt.»

Es würden immer mehr Mädchen ihr Haupt verhüllen, behauptet die konservative Politikerin. «Meine 18-Jährige Schwester macht Abitur in Deutschland. Sie wird von Klassenkameraden gedrängt, es herrscht regelrechter Kopftuchtrend bei Jugendlichen.»

Den angeblichen Wandel der aufgeklärten, säkularen Gesellschaft zu einer, die Religion und Staat vermischt, macht Ramadani an diesem Stück Stoff fest. «Verdammt noch mal», sagt sie. «Im Iran rasieren sich Frauen den Schädel, damit sie ohne Kopftuch auf die Strasse dürfen! In allen Ländern, in denen der politische Islam im Aufwind ist, in Algerien oder der Türkei zum Beispiel, war die Verschleierung der Frauen das erste sichtbare Zeichen, dass Glaube und Staat nicht mehr getrennt sind.»

Dass Ramadani das Burkaverbot europaweit befürwortet, liegt auf der Hand. «Und ja, natürlich ist das Symbolpolitik. Die Vollverschleierung ist ja auch das Symbol für die Unterdrückung der Frau!»

Ramadanis ungeborenes Kind wird bedroht

Mit ihrem zweiten Buch «Die verschleierte Gefahr. Die Macht der muslimischen Mütter und der Toleranzwahn der Deutschen» rangiert Ramadani seit Monaten in den Bestsellerlisten. Als energiegeladener Talkshowgast bei Markus Lanz (ZDF) oder Markus Gilli (Tele Züri)  sorgt die Autorin mit Aussagen wie «muslimische Mütter erziehen ihre Söhne zu Versagern» oder «Der Islam gehört nicht zu Deutschland» für Zündstoff. Mit Letzterem fällt Ramadani, CDU-Mitglied, ihrer Kanzlerin Angela Merkel in den Rücken. Für die deutsche Regierungschefin «gehört der Islam zu Deutschland».

Ramadanis Theorie: Muslimische Söhne würden von den Müttern verhätschelt und kommen dann, ausserhalb der Stube, mit der Leistungsgesellschaft da draussen nicht klar. Schuld an der Identitätskrise dieser Halbstarken seien dann «alle anderen», so Ramadani. «Die Lehrerin, diese ungläubige Schlampe, oder überhaupt die Westler, die alle Rassisten sind und den Muslimen keine Chance geben.»

Aktivistin Ramadani erntet mit ihrer Haltung Mord- und Vergewaltigungsdrohungen. «Auf allen Kanälen gehören diese Anfeindungen mittlerweile zu meinem Alltag», berichtet die im achten Monat Schwangere. «Solange der Hass sich nur gegen mich richtete, konnte ich ihn abstrahieren. Aber seit mein ungeborenes Baby bedroht wird, fürchte ich mich und frage mich abends im Bett, warum ich das alles eigentlich tue.»

In solchen Momenten blickt Zana Ramadani auf ihr Handgelenk. WW prangt dort in Schwarz-Rot: Es ist das Logo der amerikanischen Comicfigur «Wonder Woman». Die emanzipierte Superheldin ist Ramadanis Vorbild aus Kindheitstagen. Eine leicht bekleidete Beschützerin der Schwachen, eine fliegende Feministin mit Cape statt Kopftuch.

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