Heute berät der Bundesrat über das Verhandlungsergebnis beim Rahmenabkommen mit der EU. Brüssel macht Druck: Die Schweiz soll es bis zum 7. Dezember annehmen. Wie aber immer klarer wird, gibt es in der Schweiz keine Mehrheit dafür.
Jetzt schaltet sich die FDP-Bundesratskandidatin Karin Keller-Sutter (54) in die Debatte ein – und zeigt Verständnis für die Haltung ihres St. Galler Ständeratskollegen Paul Rechsteiner (66, SP). Für sie ist nachvollziehbar, dass er die Verhandlungen um das Rahmenabkommen verlassen hat, weil der Lohnschutz beschnitten werden soll, wie sie gestern im BLICK-Talk sagte.
Und KKS, wie sie genannt wird, machte klar: «Ich bin auch der Meinung, dass wir die Frage des Lohnschutzes nicht nach Brüssel delegieren dürfen.» Auch als Bürgerliche und Liberale sage sie: «In der Schweiz müssen Schweizer Löhne gezahlt werden.» Wäre dem nicht so, gäbe das sozialen Unfrieden.
«Da müssen wir noch mal drüber»
Auch die Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie wäre für die Freisinnige nicht akzeptabel, wenn wir Sozialhilfe für EU-Bürger zahlen müssten. Man müsse Brüssel klarmachen, dass das Verhandlungsergebnis, so wie es derzeit in Medienberichten umrissen wird, in der Schweiz nicht mehrheitsfähig ist. «Da müssen wir noch mal drüber», erteilt sie dem Rahmenabkommen eine Abfuhr.
Während die SVP dem Rahmenvertrag seit jeher ablehnend gegenübersteht, lehnt ihn auch die Linke ab, seit mit ihm die flankierenden Massnahmen gegen Lohndumping und zum Schutz des hiesigen Gewerbes beschnitten werden sollen.
Mit Keller-Sutter schliesst sich eine prominente Politikerin an, die am Mittwoch höchstwahrscheinlich zur Bundesrätin gewählt wird. Sie äussert sich so klar gegen das Abkommen, weil sie weiss, dass sie unter den Bürgerlichen zwischen ganz links und der SVP rechts nicht alleine dasteht.
«Für mich keine Option»
Denn auch Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler (60, FDP) meint nicht nur: «Der Vorstand des Gewerbeverbands hält an der Kautionspflicht in ihrer bisherigen Form und am heutigen Schutzniveau fest.»
Sondern er sagt auch: «Ein Rahmenabkommen, in dem die Unionsbürgerrichtlinie einfach nicht erwähnt wird, bei dem aber klar ist, dass wir sie dann durch die Hintertür doch einführen müssen, ist für mich persönlich keine Option.»
Flankierende sollen auf heutigem Niveau bleiben
Auf Anfrage sagt Fredy Greuter, Sprecher des Arbeitgeberverbandes, die flankierenden Massnahmen müssten auf dem heutigen Niveau bleiben, also nicht ausgebaut, aber auch nicht abgebaut werden. Das sei die Messlatte fürs Rahmenabkommen.
Mit anderen Worten: Bewahrheitet sich, dass die Flankierenden beschnitten werden sollen, sind auch die Arbeitgeber nicht mehr an Bord.