Die Geschichte wiederholt sich: Nach der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima vom März 2011 war der Atomausstieg in aller Munde – ausser bei den Freisinnigen. Die FDP lavierte, konnte sich zu keiner Position durchringen. Die Quittung erfolgte an der Urne: Bei den Parlamentswahlen im Herbst erlitt der Freisinn herbe Verluste.
Im Oktober 2013 rief der damalige Präsident Philipp Müller (66) die grüne FDP aus: «Wir wollen eine neue Energiepolitik: Die FDP muss ein ökologisches Profil entwickeln. Neue Atomkraftwerke sind auf lange Sicht weder wirtschaftlich noch politisch machbar», sagte er damals. Aber selbst dann verweigerte ihm seine Partei die Gefolgschaft.
Partei hatte keine Haltung
Zum schrittweisen Atomausstieg enthielten sich die Freisinnigen einer Meinung. «Das darf sich nicht wiederholen», hiess es 2018 aus der Parteizentrale. Nur: Die Geschichte wiederholt sich doch.
Der Klimawandel schreitet voran – und die FDP bleibt stehen: Die Partei hat letzten Dezember entscheidend dazu beigetragen, dass das CO2-Gesetz durchgefallen ist. Zwar wollen FDP-Ständeräte das Gesetz nun retten und freisinnige Nationalräte versprechen, mitzuhelfen, es auch in der grossen Kammer zum Erfolg zu bringen. Doch der Mist ist geführt. SRF-Satiriker Michael Elsener prägte den passenden Slogan dazu: «FDP – fuck de Planet». Er ist inzwischen ein fixer Bestandteil der Klimademos.
Noser geht voran
Einzig der Wirtschaftspolitiker und Zürcher Ständerat Ruedi Noser (57) hat in der FDP eine klare Haltung: Er ist Komiteemitglied bei der Gletscher-Initiative, die bis 2050 den CO2-Ausstoss aus dem Verbrauch von Treib- und Brennstoffen gegen Null fahren will.
Die Partei selbst aber hat keine klare Meinung. In der Berner Zentrale ist man sichtlich nervös. Denn der Wahlkampf läuft – für die FDP in die falsche Richtung. Das merkt auch die Basis. Plötzlich tauchen die «Umweltfreisinnigen» wieder aus der Versenkung auf, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, und die NZZ vermeldet die Gründung der «FDP Nachhaltigkeit».
Müllers Worte in Gössis Ohr
Das alles bringt die «FDP – fuck de Planet»-Plakate aber nicht von der Strasse. Das Konzept dazu hat Petra Gössis (43) Vorgänger an der Parteispitze längst formuliert: «Die FDP muss ein ökologisches Profil entwickeln.»