FDP-Nationalrat Thierry Burkart (42) will das Arbeitsgesetz zugunsten der Heimarbeit aufweichen. Den derzeitigen Rahmen für die Arbeitszeit will der Aargauer von heute 14 auf 17 Stunden erweitern sowie die Regeln für die Ruhezeit und Sonntagsarbeit fürs Homeoffice lockern.
Der Vorstoss, den er vor gut einem Jahr mit 104 Unterschriften einreichte (BLICK berichtete), wurde nun von der nationalrätlichen Wirtschaftskommission gutgeheissen. Im BLICK-Interview erklärt Burkart, was er mit dem Vorstoss erreichen will.
BLICK: Herr Burkart, die Wirtschaftskommission unterstützt Ihren Homeoffice-Vorstoss. Kommt jetzt der 17-Stunden-Arbeitstag?
Thierry Burkart: Nein, ich will nicht die Arbeitszeit verlängern, sondern den Zeitrahmen, in welcher diese geleistet werden kann. Heute schon müssen Beginn und Ende der Arbeitszeit – inklusive Pausen und allfälliger Überzeit – innerhalb von 14 Stunden liegen. Diesen Rahmen will ich auf 17 Stunden erweitern. Und nur für jene, die einen namhaften Teil ihrer Arbeitszeit selber festsetzen können. An der Höchstarbeitszeit von 45 Stunden pro Woche ändert sich nichts!
Was soll das bringen?
Ich will die Homeoffice-Arbeit stärken. Immer mehr Arbeitgeber ermöglichen es ihren Arbeitnehmern nämlich, die Arbeit teilweise zu Hause zu verrichten. Unser heutiges Arbeitsgesetz ist aber zu wenig auf flexible Arbeitszeiten ausgerichtet. Viele möchten ihre Arbeitszeit flexibler gestalten, um Beruf und Familie besser miteinander zu vereinbaren.
Machen Sie ein konkretes Beispiel, wer vom 17-Stunden-Rahmen profitiert.
Der Tagesablauf könnte so aussehen: Jemand bearbeitet von 6 bis 7 Uhr E-Mails. Um sich um seine schulpflichtigen Kinder zu kümmern, unterbricht er die Arbeit für eine Stunde und arbeitet danach wieder bis um 11 Uhr durch. Über Mittag kümmert er sich wieder um die Kinder, kann danach vielleicht wieder zwei Stunden arbeiten, bevor die Kinder von der Schule kommen und wieder Betreuung brauchen. Die letzten zwei Stunden arbeitet er dann vielleicht von 21 bis 23 Uhr, wenn die Kinder zu Bett gegangen sind. Wer heute so arbeitet, verstösst gegen das Gesetz.
Das ist doch ein überzeichneter Einzelfall.
Ganz und gar nicht. Gerade alleinerziehende Väter und Mütter würden von meinem Vorstoss profitieren oder Behinderte. Alle, die im Homeoffice arbeiten. Den Arbeitnehmern gibt mein Vorstoss ein zusätzliches Recht. Die Flexibilisierung ist keine Pflicht!
Ein Recht, welches zur Pflicht mutieren würde. Der Arbeitgeber erwartet dann doch rasch einmal, dass man dieses «Recht» auch nutzt, wenn er es will.
Das ist sicher nicht die Idee. Diese Gefahr besteht aber auch schon heute mit dem 14-Stunden-Rahmen. Man muss ihr entgegenwirken.
Das zerstückelte Arbeiten bedeutet doch einfach mehr Stress!
Nein, es ist ja freiwillig! Wer will, kann zwischendurch auch biken gehen oder etwas Entspannendes unternehmen.
Sie fordern auch Anpassungen bei den Ruhezeiten und der Sonntagsarbeit. Was soll das bringen?
Es ist doch einfach eine Realität, dass heute jemand um 22 Uhr zu Hause noch ein paar Mails checkt und um 7 Uhr wieder im Büro sitzt. Damit verletzt er eigentlich die Ruhezeiten. Auch wer am Sonntag mal eine Stunde zu Hause ohne Bewilligung arbeitet, verstösst gegen das Arbeitsgesetz. Dessen sind sich viele schlicht nicht bewusst. Anstatt diese Leute zu kriminalisieren, sollte man das Gesetz den Realitäten anpassen.
Die Gewerkschaften laufen Sturm gegen Ihren Vorstoss.
Das verstehe ich nicht. Der Arbeitnehmer erhält ja mehr Gestaltungsfreiheit. Das muss doch auch im Sinn der Gewerkschaften sein. Im Parlament jedenfalls rechne ich mir gute Chancen für den Vorstoss aus.