FDP-Nationalrätin Doris Fiala entsetzt über Zuger Ausschaffungspraxis
«Die Kinder werden so traumatisiert»

Die Zuger Behörden haben eine afghanische Flüchtlingsfamilie belogen und auseinandergerissen. Die Eltern dürfen ihre Kinder nicht mehr sehen. «Unverständlich» findet Doris Fiala. Man müsse neue Haft-Möglichkeiten schaffen, in denen ein Elternteil mit den Kindern in einer Umgebung leben kann.
Publiziert: 18.10.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:10 Uhr
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«Unverständlich»: Laut Doris Fiala müssen Besuche der Kinder möglich sein.
Foto: Keystone
Sermîn Faki und Joël Widmer

Der Zuger Ausschaffungsfall, bei dem Vater und Mutter in Haft sitzen und drei Kinder von ihnen getrennt und in einem Heim untergebracht wurden, berührt FDP-Nationalrätin Doris Fiala. «Eine Trennung von Mutter und Kindern kann man juristisch nachvollziehen, aus humanitärer Sicht bin ich aber im Einzelfall entsetzt», sagt Fiala.

Kontakt nur mit Aufpasser: Amira ist von den Eltern getrennt.
Foto: ZVG

«Unverständlich ist, dass in diesem Fall den Kindern offenbar über Tage weder eine telefonische noch einer persönliche Begegnung mit den Eltern möglich war», sagt Fiala, die im Europarat als Kampagnenleiterin gegen die Inhaftierung von Kindern kämpft. Ein Kontakt mit den Eltern hätte laut Fiala die Verunsicherung mildern können. «Die Kinder werden so traumatisiert.» Eine Trennung von den Eltern habe einen massiven Einfluss auf die seelische Gesundheit eines Kindes. Auch im Vollzug müsse es möglich sein, dass Kinder die Mutter besuchen dürften.

Für solche Ausschaffungsfälle fordert Fiala spezielle Einrichtungen: «Man sollte neue Haftmöglichkeiten schaffen, in denen ein Elternteil mit den Kindern in einer Umgebung leben kann, die dem Kindswohl gerecht wird.»

Zuger Behörden beziehen Stellung

Aktuell geht das Leiden der Kinder weiter. Amin* (3), Amira* (5) und Karim* (8) bleiben im Heim. Der Haftrichter hat gestern entschieden, dass ihre Eltern in Ausschaffungshaft verharren müssen. Die afghanische Familie hatte sich gegen die Ausschaffung nach Norwegen gewehrt, die die Zuger Behörden unter falschen Angaben durchführen wollten.

Die Anwältin der Familie, Lea Hungerbühler, ist überrascht: «Der Entscheid des Verwaltungsgerichts, dass auch die Mutter der Kinder und mit ihr das viermonatige Baby bis zu einer Ausschaffung in Haft verbleiben müssen, erstaunt mich.» Ob ihre Mandaten den Entscheid ans Bundesgericht weiterziehen, werde sich nach der Prüfung des Urteils entscheiden.

Auch die Zuger Behörden äusserten sich gestern zum Entscheid. Sie bestätigen die Darstellung des BLICK, bezeichneten sie als einseitig. So sei es den inhaftierten Eltern zu keiner Zeit verboten gewesen, ihre Kinder zu kontaktieren. Anwältin Hungerbühler widerspricht: «Es bestand ein faktisches Kontaktverbot, denn meinen Mandanten wurde keine Nummer gegeben, unter der sie ihre Kinder erreichen konnten. Erst nach fünftägigem Intervenieren wurde ein einziges Gespräch ermöglicht.»

Das Zuger Amt für Migration sagt dazu: «Die Kinder konnten am Freitag mit der Mutter telefonieren.» Es sei ein organisierter Kontakt in Anwesenheit eines Dolmetschers gewesen. «Ein freier Kontakt ist nicht möglich, weil der Aufenthaltsort der Kinder unbekannt ist und es auch bleiben soll», so Amtsleiter Georg Blum. Sermîn Faki, Joël Widmer


* Namen von der Redaktion geändert

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