FDP-Müller vermutet «Blackout» beim Horror-Crash
«Lebe seit Donnerstag-Abend in einer Nebelwolke»

FDP-Präsident Philipp Müller (63) hat mit seinem Auto die Rollerfahrerin Kim A. (17) umgefahren und schwer verletzt. An den heftigen Crash kann er sich nicht mehr erinnern. Was er allerdings weiss: «Der Unfalltag ist der schlimmste Tag in meinem Leben.»
Publiziert: 14.09.2015 um 10:19 Uhr
|
Aktualisiert: 11.09.2018 um 01:55 Uhr
1/6
Philipp Müllers Mercedes hat eine fix eingebaute Kamera.
Foto: Kapo AG

Es ist eine Schockmeldung mitten im Wahlkampf. Der Präsident der FDP hat einen Verkehrsunfall verursacht und eine 17-Jährige schwer verletzt. Für Philipp Müller (63) als Privatperson ist der vergangene Donnerstag aber noch viel schrecklicher: «Der Unfalltag ist der schlimmste Tag in meinem Leben», sagt er heute im Interview mit der «Aargauer Zeitung».

«Es kommt mir vor, als lebe ich seit Donnerstagabend in einer dichten Nebelwolke. Erst allmählich lüftet sich der Schleier und wird mir die Dimension dieses Unfalls bewusst. Was die junge Frau wegen mir erleiden muss, erfüllt mich mit Schmerz und belastet mich ungemein.» Er könne sich nicht erklären, wie es so weit kommen konnte.

Noch in der Nacht nach dem Unfall habe er versucht, die Fahrt zu rekonstruieren. Beim Kreisel in Hallwil AG habe er wegen eines passierenden Zuges vor dem Lichtsignal warten müssen. «Ab dann erinnere ich mich nicht mehr. Ein Loch! Null Erinnerung!», sagt Müller. Wie er in Lenzburg mit seinem weissen Mercedes Kim A.* auf ihrem Roller abgeschossen hat, ist offenbar aus seinem Gedächtnis verschwunden.

«Das ist unheimlich, aber, so hat mir der Amtsarzt gesagt, nicht untypisch, wenn man nach einem schlimmen Unfall unter Schock steht», sagt Müller. Morgen werde er sich «umfangreichen medizinischen Tests» unterziehen, für die er ich bereits am Freitagmorgen angemeldet habe. «Die Vermutung von Fachleuten geht in Richtung Sekundenschlaf, also ein kurzes Blackout.» Übermüdet sei er allerdings nicht gewesen, er bezeichnet sich sogar als «ausgeschlafen»: «Ich ging am Mittwoch um 22.30 Uhr zu Bett und bin am Donnerstag um 7.30 Uhr aufgewacht.»

«Mir war klar, dass mein Name bekannt wird»

Nach dem Unfall ist Müller einfach weitergefahren, hat sein Opfer auf der Strasse liegen lassen. «Den Unfall selber nahm ich als weit entfernten Knall wahr. Mein erster Gedanke war: Jetzt ist mir ein Pneu geplatzt. Ich habe nicht einmal realisiert, dass mein Fahrzeug beschädigt ist.» Nach rund 200 Metern sei er rechts raus gefahren, ausgestiegen und habe den Schaden am Auto gesehen. «Erst da realisierte ich, dass ein Unfall passiert sein musste.»

Vertuschen habe er den Unfall «sicher nicht» wollen. «Das wäre doch völlig naiv und entspricht auch nicht meiner Art. Ich bin ja selber zur Unfallstelle gelaufen. Auf der Unfallstelle haben ich unzählige Leute erkannt. Mir war von Anfang an klar, dass mein Name bekannt werden würde.»

Trotzdem reagierten die FDP und Müller selber erst, nachdem der Fall bereits öffentlich gemacht wurde. «Vielleich wirke ich manchmal etwas hart. Aber das bin ich nicht. Sie können mir glauben: Mir geht das Ganze unglaublich nahe.»

Interview am Tag danach «ein Fehler»

Warum aber hat der FDP-Präsident am Morgen nach dem Unfall einen SRF-Journalisten zum Interview empfangen und so getan, als sei nichts gewesen? «Das war ein Fehler. Ich stand unter Schock, dachte gar nicht mehr an den Termin. Plötzlich stand der Journalist vor der Haustür», erklärt Müller. Ins Mikrofon sagte er, nach einem strengen Tag würde er am Abend gerne fein essen und ein gutes Glas Wein trinken.

Das tönt höhnisch, nur 18 Stunden nach dem Unfall. «Das bezieht sich doch nicht auf die Zeit nach dem Unfall, ich war ja bis um Mitternacht auf dem Posten und wurde befragt. Jetzt wird mir ein Strick daraus gedreht», wehrt er sich.

Die Aufklärung des Unfalls habe für Müller jetzt Priorität – dafür setzt er sogar seinen Ständeratswahlkampf aus. «Ich kann doch nicht auf einem Podium die grosse Kelle schwingen und meine politischen Gegner angreifen, wie das in einem Wahlkampf üblich ist. Das geht nicht. Wie käme das beim Unfallopfer und bei den Angehörigen an?»

Herbert A.* (55), der Vater von Kim A. hatte nach dem Crash schwere Vorwürfe gegen Müller erhoben. «Ich hatte auch schon einen Unfall. Für mich ist es da selbstverständlich, dass man als Erstes den Verletzten hilft. Er aber leistete keine erste Hilfe», sagte er zum BLICK. Gemäss Müller haben er und der Vater des Opfers am Samstag «nun lange telefoniert und alle Missverständnisse ausräumen können». (lex)

*Name der Redaktion bekannt

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?