Seit Samstag weilt eine russische Delegation in der Schweiz. Die Russen genossen ein Wochenende rund um den Gotthard-Pass. Sie nächtigen im Hotel Chedi von Samih Sawiris (61) in Andermatt, besuchten das Museum auf dem Pass und degustierten in Airolo mit Tessiner Politikern Käse und Wein.
Politisch interessanter – und brisanter – wurde es am Montag: Die Russen reisten nach Bern ins Bundeshaus, wo sie die Parlamentarische Gruppe Schweiz-Russland sowie Ständeratspräsidentin Karin Keller-Sutter (54) willkommen hiessen. Dies bestätigen die Parlamentsdienste. Unter der Führung der Co-Präsidenten der Russen-Gruppe, CVP-Ständerat Filippo Lombardi (62) und SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (70), spazierten alle durch die Wandelhalle.
Durfte Juri Worobjow überhaupt einreisen?
Alltag im Bundeshaus – wenn nicht eine spezielle Person auf der Gästeliste gestanden wäre. Neben dem ehemaligen Chef der russischen Luftwaffe, Generaloberst Viktor Bondarew (59), wandelte auch Juri Leonidowitsch Worobjow (48) unter der Bundeshauskuppel.
Der stellvertretende Vorsitzende des russischen Föderationsrates steht wegen der Vorgänge in der Ukraine seit 2014 auf der EU-Sanktionenliste. Gegen ihn gilt ein «Verbot zur Eröffnung neuer Geschäftsbeziehungen in der EU». Seine Einreise ist nicht erwünscht.
«Nationales Interesse» für den Schleichweg
Die Schweiz hat die Sanktionen der EU gegenüber Russland zwar nicht übernommen, aber Massnahmen getroffen, damit diese nicht via Schweiz umgangen werden können. Heikel war Worobjows Einreise noch aus einem anderen Grund: «Das Einreiseverbot für die von den EU gelisteten Personen hat aufgrund ihrer Schengen-Verpflichtungen auch für die Schweiz Auswirkungen», sagt Antje Baertschi, Leiterin Kommunikation beim für Sanktionen zuständigen Staatssekretariat für Wirtschaft.
Doch laut Baertschi gibt es eine Hintertür: «Ausnahmen vom Einreiseverbot sind möglich aus humanitären Gründen, bei internationalen Verpflichtungen oder aus nationalem Interesse.»
Und genau darauf beruft sich die Parlamentarier-Gruppe. «Wir pflegen hier Freundschaft!» So macht Co-Präsidentin Leutenegger Oberholzer ihrem Ärger über kritische Nachfragen von BLICK Luft.
Ukraine-Freundin Markwalder findet es «hoch problematisch»
FDP-Nationalrätin Christa Markwalder (42), Mitglied der Parlamentarischen Gruppe Schweiz-Ukraine, sieht dies anders. «Man muss sich halt fragen, mit welchen Personen man Freundschaften pflegt», gibt sie zurück. «Hoch problematisch» findet sie findet den Besuch Worobjows. «Diese Personen stehen ja nicht umsonst auf Sanktionslisten.»
Markwalder macht auch klar, dass unter Nationalratspräsident Dominique de Buman (62) der Wind gedreht hat. «2014 hatte der damalige Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger den Mut, eine russische Parlamentsdelegation wieder auszuladen aufgrund der Vorkommnisse in der Ukraine.»
Noch ein spezieller Besuch
Bereits heute steht ein weiterer Besuch an, der für diplomatische Zwischentöne sorgt: Der rumänische Parlamentspräsident Liviu Dragnea (55) besucht Bern. In Bukarest wird in diesen Tagen ein Urteil wegen Amtswillkür und -missbrauch gegen ihn erwartet. Gastgeber von Dragnea: Dominique de Buman.