FDP fordert Wirtschaftsreform
Freisinn setzt Parmelin unter Druck

Die FDP fordert umfassende Reformen, damit die Schweizer Wirtschaft nicht in den Strudel der sich abzeichnenden Rezession gerät. Unter Druck kommt damit vor allem Wirtschaftsminister Guy Parmelin.
Publiziert: 22.08.2019 um 11:31 Uhr
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Aktualisiert: 22.08.2019 um 13:09 Uhr
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Die Weltwirtschaft lahmt, es kündigt sich eine Rezession an.
Foto: Keystone
Sermîn Faki

Im Handelsstreit zwischen China und den USA ist kein Frieden in Sicht, die Weltwirtschaft lahmt, die Nationalbank musste in den letzten Wochen mehrfach im Devisenmarkt intervenieren, um den Franken zu schwächen – wirtschaftlich kommen wohl schwierige Zeiten auf die Welt zu.

Das dürfte auch die Schweiz zu spüren bekommen. In der exportabhängigen Maschinenbranche wird bereits über die Einführung von Kurzarbeit gemunkelt.

FDP-Chefin warnt vor düsteren Wolken

Sorgen macht sich auch die FDP. «Die Lage der Wirtschaft in der Welt, in Europa, in der Schweiz verdüstert sich – und zwar schnell», so Parteipräsidentin Petra Gössi (43) am Donnerstag vor den Medien. Sie warnt davor, dass diese Entwicklung auch die Schweiz treffen würde – «die Frage ist nur, wann und wie».

Für die FDP ist klar, dass die Politik nun handeln muss, um die Volkswirtschaft auf die drohenden Stürme vorzubereiten. Etwa mit neuen Freihandelsabkommen. Diese seien nicht einfach «nice to have, sondern Pflicht», so Gössi.

Auch vor dem Hintergrund, dass der bilaterale Weg mit der EU steinig zu werden droht, wenn das Rahmenabkommen nicht so bald unterzeichnet wird. Wenn der Zugang zum EU-Markt schwieriger wird, muss die Wirtschaft auf andere Märkte ausweichen.

Parmelin soll vorwärts machen

Damit erhöht die FDP-Chefin den Druck auf SVP-Wirtschaftsminister Guy Parmelin (59), der – anders als sein freisinniger Vorgänger Johann Schneider-Ammann (67) – als bauernfreundlich gilt, und die Landwirtschaft traditionell der grösste Hemmschuh für Freihandelsabkommen ist.

Im Vordergrund steht, dass das Abkommen mit den Mercosur-Staaten schnell abgeschlossen wird (siehe Box). Und auch Malaysia und Indien warten immer noch.

Mercosur - Merco-was?

Mercosur ist die Abkürzung für Mercado Común del Sur, zu Deutsch «Gemeinsamer Markt des Südens». Es handelt sich hierbei um einen Binnenmarkt der Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Weitere Staaten wie Ecuador, Chile und Bolivien sind assoziiert.

Die Schweiz will ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten aushandeln. Denn so bekäme die Schweizer Wirtschaft Zugang zu einem Markt, der 260 Millionen Menschen und ungefähr 72 Prozent der Fläche Südamerikas umfasst. Hier liegt also ein gigantischer Absatzmarkt für die Schweiz.

Die EU ist schon weiter

Bis jetzt exportiert die Schweiz nur Waren und Dienstleistungen im Wert von vier Milliarden Franken in den Süden Amerikas. Das liegt gemäss des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse an den hohen Importzöllen. Durchschnittlich sieben Prozent Zoll muss zahlen, wer seine Waren im Mercosur-Raum verkaufen will. Es kann aber auch deutlich mehr sein – bis zu 35 Prozent. Solche Zölle würden mit einem Freihandelsabkommen schrittweise abgebaut.

Die EU hat mit den Mercosur-Staaten im Juni ein Freihandelsabkommen geschlossen. Das heisst: Schweizer Unternehmen sind gegenüber der EU-Konkurrenz massiv benachteiligt.

Schweiz auf der Zielgeraden?

Eine generelle Einigung wurde bereits erzielt, auch wenn noch nicht alle Details klar sind und noch nichts unterschrieben ist. Und dann muss auch das Parlament seinen Segen geben. Skepsis herrscht bei Linken und Bauern. Denn damit die Schweizer Maschinenindustrie und Dienstleister Südamerika erobern können, verlangen die Mercosur-Staaten im Gegenzug, dass ihre Agrarprodukte zollfrei in die Schweiz gelangen.

Und das ängstigt die Schweizer Bauern. Denn Brasilien und Argentinien sind Agrar-Riesen. Insbesondere bei der Rindfleisch-Produktion können es die hiesigen Landwirte nicht mit den Südamerikanern aufnehmen. (sf)

Mercosur ist die Abkürzung für Mercado Común del Sur, zu Deutsch «Gemeinsamer Markt des Südens». Es handelt sich hierbei um einen Binnenmarkt der Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Weitere Staaten wie Ecuador, Chile und Bolivien sind assoziiert.

Die Schweiz will ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten aushandeln. Denn so bekäme die Schweizer Wirtschaft Zugang zu einem Markt, der 260 Millionen Menschen und ungefähr 72 Prozent der Fläche Südamerikas umfasst. Hier liegt also ein gigantischer Absatzmarkt für die Schweiz.

Die EU ist schon weiter

Bis jetzt exportiert die Schweiz nur Waren und Dienstleistungen im Wert von vier Milliarden Franken in den Süden Amerikas. Das liegt gemäss des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse an den hohen Importzöllen. Durchschnittlich sieben Prozent Zoll muss zahlen, wer seine Waren im Mercosur-Raum verkaufen will. Es kann aber auch deutlich mehr sein – bis zu 35 Prozent. Solche Zölle würden mit einem Freihandelsabkommen schrittweise abgebaut.

Die EU hat mit den Mercosur-Staaten im Juni ein Freihandelsabkommen geschlossen. Das heisst: Schweizer Unternehmen sind gegenüber der EU-Konkurrenz massiv benachteiligt.

Schweiz auf der Zielgeraden?

Eine generelle Einigung wurde bereits erzielt, auch wenn noch nicht alle Details klar sind und noch nichts unterschrieben ist. Und dann muss auch das Parlament seinen Segen geben. Skepsis herrscht bei Linken und Bauern. Denn damit die Schweizer Maschinenindustrie und Dienstleister Südamerika erobern können, verlangen die Mercosur-Staaten im Gegenzug, dass ihre Agrarprodukte zollfrei in die Schweiz gelangen.

Und das ängstigt die Schweizer Bauern. Denn Brasilien und Argentinien sind Agrar-Riesen. Insbesondere bei der Rindfleisch-Produktion können es die hiesigen Landwirte nicht mit den Südamerikanern aufnehmen. (sf)

Und danach? Immer mehr Kreise fordern, dass Parmelin Verhandlungen mit den USA, dem zweitgrössten Handelspartner der Schweiz, aufnimmt. Der Zeitpunkt sei günstig, meint etwa die liberale Denkfabrik Avenir Suisse. So seien die persönlichen Kontakte in die US-Administration so eng wie selten – Bundespräsident Ueli Maurer (68) beispielsweise traf im Mai den US-Präsidenten Donald Trump (73).

Am Freitag will Avenir Suisse eine Studie vorstellen, die den enormen Effekt eines Freihandelsabkommens belegen soll. Die Rede ist von mehr als einem Dutzend Milliarden Franken in der Handelsbilanz und Zehntausenden neuen Stellen.

Einheitssatz für Mehrwertsteuer

Doch mehr Freihandel ist nicht die einzige Forderung der Freisinnigen. Die FDP fordert auch weniger Regulierung, die Förderung von Start-ups, einen Einheitssatz für die Mehrwertsteuer und die einfachere Rekrutierung von Arbeitskräften aus Drittstaaten.

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