Unkoordiniert, konfliktscheu und bescheiden: Mit diesen Worten umschreibt der Ex-Staatssekretär Michael Ambühl die Schweizer Verhandlungspraxis gegenüber der EU. Deshalb ist für ihn klar: Wegen diesen «erschwerenden Nebeneffekten» verlieren wir den Verhandlungspoker mit Brüssel. Ambühl spricht auch von einer «departementalisierten Aussenpolitik», will heissen: Aussenminister Didier Burkhalter drängt sich zu stark in den Vordergrund.
FDP-Nationalrätin Doris Fiala schätzt Top-Diplomat Ambühl «sehr», findet seine öffentliche Kritik aber «unglücklich».
Grund: Das Vernehmlassungsverfahren zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative läuft noch bis Ende Mai. Somit gebe es zum jetzigen Zeitpunkt in dieser Hinsicht «noch gar nichts zu verhandeln».
Zudem seien «Lektionen eines zurückgetretenen ehemaligen Verhandlers nicht ganz über alle Zweifel erhaben». Umso mehr, weil er an der ETH Kurse über Diplomatie halte.
Die Bevölkerung sei «verunsichert genug». Und Doris Fiala hebt den Mahnfinger: «Man sollte nicht ohne Not Zweifel an der Classe Politique schüren».
Anders tönt es bei SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli. Er ist mit der «grundsätzlichen Kritik» einverstanden. Auch Mörgeli ist der Meinung, dass die Schweiz ihre Tugenden international «besser verkaufen» sollte.
Die Schweiz «sucht immer den Konsens». Aber: «Wir müssen auch mal kämpfen und unsere Interessen vertreten».
Schweiz «der Superzahler schlechthin»
Auch müsste die Schweiz gemäss dem Zürcher SVP-Nationalrat den Mut haben, zu thematisieren, dass wir «der Superzahler schlechthin sind».
Belege hierfür sieht er in den «Riesensummen, die wir für Entwicklungs- und Osthilfe bereitstellen». Den Mut dies anzusprechen, habe aber niemand.
«Der beste Aussenminister bleibt zu Hause»
Um die Schweizer Aussenpolitik besser zu koordinieren, könnte sich Ex-Staatssekretär Michael Ambühl eine sanfte Stärkung des Aussendepartements vorstellen.
SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli hält nichts von dieser Idee. Der beste Aussenminister sei nämlich derjenige, der «zu Hause bleibt, statt überall Geld zu versprechen».
Überhaupt ist der SVP-Stratege der Meinung, dass Bundesräte das Verhandeln den Diplomaten überlassen sollte.
Es sei «dumm», wenn Bundesräte selber verhandeln würden.
Diplomaten hätten nämlich bei heiklen Verhandlungen eine «Rückfallposition». Sie könnten sich darauf berufen, dass sie «alleine nichts zu entscheiden haben».
Kritik an Didier Burkhalter
Schliesslich kann es Christoph Mörgeli nicht unterlassen, den jetzigen Aussenminister Didier Burkhalter (FDP) für seine Auslandreisen zu kritisieren.
Wenn er sehe, dass er im letzten Jahr 32 Auslandreisen gemacht habe, dann sei dies «zu viel».
Und weiter stichelt Mörgeli: «Somit war er kaum je in Bern an der Arbeit».