BLICK: Frau Gössi, wird Karin Keller-Sutter in den Bundesrat gewählt, stellt die FDP keine einzige Frau mehr im Ständerat. Das ist ein Armutszeugnis für die FDP!
Petra Gössi: Ja, das ist sehr bedauerlich, wenn auch für uns in erster Linie die liberale Gesinnung und nicht das Geschlecht zählt. Dennoch ist klar und für mich ein wichtiges Ziel: Wir brauchen mehr Frauen in unserer liberalen Bundeshausfraktion.
In der Legislatur 1999–2003 waren es sieben FDP-Frauen im Stöckli! Was ist schiefgelaufen, dass diese Zahl 2019 wohl auf null sinkt?
Gerade der Blick auf die Vergangenheit zeigt, dass es bei uns kein systemisches Problem gibt. Mal haben wir mehr Frauen, mal weniger. Ich stelle aber fest, dass sich viele Frauen entweder ein politisches Amt nicht zutrauen oder ihrer beruflichen Karriere mehr Priorität einräumen.
Woran liegt das?
Im Vergleich zu den Männern haben talentierte Frauen oft andere Prioritäten im Leben. Manchmal spielen auch das Selbstbewusstsein und der Ehrgeiz eine Rolle. Politisieren lernt man erst, wenn man es praktisch ausübt. Vor dieser Hürde schrecken viele Frauen zurück. Zudem ist die Politik ruppiger geworden, und es wird auf die Person gespielt. Das wollen sich viele Frauen nicht antun.
Wie wollen Sie das – gerade auch mit Blick auf den Ständerat – ändern?
Wir setzen an zwei Hebeln an. Erstens wollen wir mehr Frauen ermutigen und fördern, in die Politik einzusteigen und für ein Amt zu kandidieren. Das ist vor allem Aufgabe der Kantonalparteien und der FDP-Frauen. Im Übrigen haben wir wieder sehr gute Ständeratskandidaturen, namentlich Daniela Schneeberger in Baselland und Christa Markwalder in Bern. Auch in den Kantonen Tessin und Solothurn besteht die Aussicht, dass wir kompetente Frauen ins Rennen schicken können.
Und zweitens?
Zweitens müssen wir auf politischer Ebene die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Organisationsprobleme im privaten und beruflichen Alltag hindern Frauen oft am Einstieg in die Politik. Die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Politik muss daher so ausgestaltet sein, dass sie auch Wirkung erzielen kann. Hier denke ich an höhere Steuerabzüge für externe Kinderbetreuung oder an flexiblere Arbeitszeiten für das Homeoffice. Da muss die Schweiz unbedingt fortschrittlicher werden.
Wir haben noch einen anderen Vorschlag: Sie müssen jetzt selber in die Bresche springen und in Schwyz für den Ständerat kandidieren!
Ich finde das Amt einer Ständerätin ausserordentlich spannend. Wir sind zurzeit im Kanton Schwyz in der glücklichen Situation, dass wir bereits über ein gutes Kandidatenfeld verfügen. Wie es weitergeht, wird in der kantonalen Geschäftsleitung diskutiert.
Dann könnte eine Ständeratskandidatur für Sie also doch noch zur Option werden?
Nein, zurzeit nicht. Mir gefällt es im Nationalrat, sodass ich sicher wieder kandidieren werde. Als Parteipräsidentin kommt es mir entgegen, dass Parteipolitik vor allem im Nationalrat betrieben wird.