Im November betitelte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (63) das geplante Rahmenabkommen mit der Schweiz als «Freundschaftsvertrag». Doch mit der Freundschaft ist es bereits vorbei: Die EU will die sogenannte Börsenäquivalenz nur befristet bis Ende 2018 gelten lassen. Nur, wenn bis dahin Fortschritte beim Rahmenvertrag erzielt werden, soll die Gleichbehandlung fortgesetzt werden.
Bundespräsidentin Doris Leuthard (54, CVP) verurteilt die nur befristete Anerkennung als «klare Diskriminierung».
«Heute ist sicher nicht ein Höhepunkt»
Auch FDP-Aussenminister Ignazio Cassis (56, FDP) spricht Tacheles: «So geht man mit Freunden nicht um», sagte er am Nachmittag in Bern. Allerdings sei der EU-Entscheid auch «nicht ganz unerwartet» gekommen. Bezüglich des weiteren Vorgehens gegenüber der EU verwies er auf die Erklärung der Bundespräsidentin.
Der FDP-Magistrat betonte aber, dass der Bundesrat ein Regelwerk über den Zugang zum EU-Binnenmarkt wolle. «Darüber gibt es keine Differenzen mit der Europäischen Union», so Cassis. «Die Differenzen sind die zeitliche Dimension und der Weg, der einzuschlagen ist.»
Man werde aber einen Weg finden, zeigt sich Cassis überzeugt. «Wir sollten nicht dramatisieren. Die Situation ist schwieriger als auch schon, es hat aber auch schon schwierigere Situationen gegeben.»
Die Beziehung zur EU beschreibt Cassis als «25 Jahre Interessenpolitik», da gebe es eben Höhen und Tiefen. «Heute ist es sicher nicht ein Höhepunkt, aber wir haben schon viel tiefere Punkte gehabt.»
Er zieht den Vergleich zu einer Ehe mit guten und weniger guten Momenten. Auch da müsse man Wege finden, um die weniger guten Momente zu überwinden. «Dass es Differenzen gibt, das passiert in jeder Familie», so Cassis.
«Zwei Reset-Knöpfe drücken, das schadet nicht»
Dass nun ausgerechnet die EU quasi den Reset-Knopf drückt, nachdem stets Cassis damit gedroht hatte, diesen zu drücken, kommentiert der Aussenminister gelassen: «Das eine schliesst das andere nicht aus. Man kann auch zwei Reset-Knöpfe drücken, das schadet nicht.»
Was er selbst als Aussenminister nun in Sachen EU plant, will er erst nach seinen ersten 100 Tagen im Amt verkünden. «Das erzähle ich Anfang Februar», so Cassis. Zuerst wolle er seine Anträge dem Gesamtbundesrat unterbreiten.