Die Hoffnung vieler Paare in Familienplanung war vergebens: Ein staatlich finanzierter Vaterschaftsurlaub hat auch beim neu zusammengesetzten Bundesrat mit Viola Amherd (56, CVP) und Karin Keller-Sutter (55, FDP) keine Chance.
Die Regierung lehnt sowohl die Volksinitiative, die vier Wochen Papi-Urlaub verlangt als auch den indirekten Gegenvorschlag von zwei Wochen ab. Ein einziger Tag soll also das gesetzliche Minimum bleiben, hiess es vor knapp zwei Wochen. Individuelle Lösungen in Gesamtarbeitsverträgen und in den Firmen seien sinnvoller.
Mehr als fünf Tage? Fehlanzeige!
Jedoch zeigen die allerwenigsten Firmen ein grosses Herz für künftige Väter: Nur gerade zwölf Prozent der Arbeitnehmer können mehr als fünf Tage beim Töchterchen oder beim Sohnemann sein - hinzu kommen selbstverständlich die ordentlichen Ferien, die in den meisten Fällen rund um die Geburt bezogen werden können.
Die meisten Firmen sind knausriger. Fast vier von zehn Arbeitnehmern, die einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterstellt sind, erhalten nur das gesetzliche Minimum von einem freien Tag (siehe Grafik). Die Geburt eines Kindes ist für diese Firmen also gleich viel wert wie ein Zügeltermin. Dies zeigen neuste Zahlen von Travailsuisse, die BLICK exklusiv vorliegen. Der Gewerkschaftsdachverband hat die 47 wichtigsten GAV durchleuchtet.
Spitzenreiter Volvo - noch
Die öffentliche Hand ist grosszügiger. Hier sind fünf bis zehn Tage Vaterschaftsurlaub die Regel. Viele Städte gewähren mittlerweile gar 20 Tage - also genau das, was die Volksinitiative verlangt. Etwa Bern, Luzern oder Aarau. Und mit Neuenburg ist kürzlich sogar der erste Kanton hinzugekommen.
Wer in der Privatwirtschaft arbeitet, kann davon meist nur träumen. Doch es gibt auch positive Beispiele. Wer etwa bei Google arbeitet, kann ganze drei Monate beim Baby bleiben. Demnächst stockt auch Pharma-Konzern Novartis auf: Ab dem 1. Juli haben angestellte Mütter und Väter Anspruch auf 18 Wochen bezahlte Elternzeit.
Regelrecht nordländische Verhältnisse hat bereits der schwedische Autobauer Volvo eingeführt. Angestellte - egal, ob Frauen oder Männer - erhalten einen Elternurlaub von satten sechs Monaten. Das ist mit Abstand landesweiter Rekord.
Über alle Branchen hinweg hat sich jedoch wenig geändert, seitdem die Politik intensiv um einen Papa-Urlaub streitet. «Es geht in die richtige Richtung, aber viel zu langsam», sagt Adrian Wüthrich (39), SP-Nationalrat und Präsident von Travailsuisse. Die meisten KMU würden weiterhin nur einen Tag gewähren. Deshalb brauche es jetzt eine neue gesetzliche Regelung.
«Für KMU nicht tragbar»
Ganz anders sieht dies Hans-Ulrich Bigler (61): «Aufgrund des harten Wettbewerbsdrucks verfügen viele KMU nur über bescheidene finanzielle Reserven», so der FDP-Nationalrat und Direktor des Gewerbeverbandes. Die Finanzierung zusätzlicher Ferientage sei daher nur schwer verkraftbar.
Noch gravierender als die Mehrkosten wären für die KMU aber die zusätzlichen Absenzen, wie Bigler meint: «Bereits heute fehlen junge Männer aus unterschiedlichsten Gründen regelmässig am Arbeitsplatz. Zusätzliche Abwesenheiten sind für viele Betriebe aus finanziellen und vor allem auch aus organisatorischen Gründen nicht mehr tragbar.»
«Der Abstimmungskampf kann kommen»
In der laufenden Sommersession ist jetzt der Ständerat am Zug. Und dort hat die zweiwöchige Variante, die pro Jahr rund 210 Millionen Franken kostet, gute Chancen. SP und CVP, die im Stöckli eine solide Mehrheit stellen, sind grundsätzlich dafür.
Zehn Tage Babyferien - angehende Väter würden damit im Vergleich zu heute stark profitieren. Nur: Anders als im Ständerat könnte die Abstimmung im Nationalrat im Herbst - so kurz vor den Wahlen - hauchdünn ausgehen. SVP und FDP verfügen über eine knappe Mehrheit in der grossen Kammer. Es braucht also die Ja-Stimmen einiger FDP-Politiker aus der Romandie, die damit liebäugeln, dem Papa-Urlaub zum Durchbruch zu verhelfen.
So oder so dürfte am Ende das Volk entscheiden - sei es über die Initiative und/oder über den 2-wöchigen Gegenvorschlag. Die Initianten um Travailsuisse-Chef Wüthrich sind dafür schon gewappnet: «Wir haben eine Million Franken zusammen. Der Abstimmungskampf kann kommen.»