Der Kindsmord von Frankfurt am Main (D) wird zum Thema in Bundesbern. Ende Juli stiess ein im Kanton Zürich wohnhafter Eritreer einen Buben vor einen einfahrenden Zug, der Achtjährige starb. Jetzt beschäftigt sich auch das Schweizer Parlament mit der Schreckenstat. In zwei Kommissionen wird über die Handhabe der Fahndung im Schengen-Raum beraten.
Vertreter der SVP fordern, dass Schweizer Behörden gefährliche Personen vermehrt europaweit zur Fahndung im sogenannten Schengener Informationssystem (SIS) ausschreiben. Dabei ist es die SVP, die den Schengen-Vertrag regelmässig kritisiert. «Ich bin sicher kein Fan dieses Abkommens», sagt SVP-Nationalrat Alfred Heer (57, ZH). «Aber wenn wir schon mit dabei sind, dann sollten wir dies auch nutzen.» Heer hat das Schengener Informationssystem auf die Traktandenliste der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats gesetzt. Dort präsidiert der Zürcher die für die Justiz zuständige Subkommission. Heer will wissen, «warum die Schweizer Polizei das Informationssystem derart zurückhaltend nutzt».
Hürden für Ausschreibung sind hoch
Im vergangenen Jahr erfassten Schweizer Behörden 235 Personen neu im SIS, 2017 waren es 295, 2016 deren 291. «Im Vergleich zu den nationalen Haftbefehlen ist das extrem tief», sagt Heer. Gerade der tragische Fall von Frankfurt zeige, dass die Praxis nicht funktioniere. «Der Mann hat zuvor eine Frau mit einem Messer bedroht und wurde gesucht», sagt der SVPler. «Es gibt keinen Grund, dass die Polizei im Nachbarland nichts davon weiss.»
Die Hürden für eine Ausschreibung im Schengener Informationssystem sind aber hoch, und die Schweiz kann diese auch nicht einseitig anpassen. Die Regeln definieren alle Schengen-Mitglieder gemeinsam. «Im SIS können Personen nur dann zur Verhaftung ausgeschrieben werden, wenn es um ein Delikt geht, für welches eine Freiheitsstrafe im Höchstmass von mindestens einem Jahr vorgesehen ist», schreibt das Bundesamt für Justiz. Heer entgegnet: «Tatsache ist, dass selbst bei schweren Straftaten SIS oft nicht genutzt wird. Und wenn es nur darum geht, dass die Polizisten weniger Formulare ausfüllen müssen, dann sollte die Politik die dafür nötigen Schritte unternehmen.»
Auch die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats (SiK) beugt sich demnächst über genau diese Fragen. Das sagt Kommissionspräsident Werner Salzmann (56, SVP) zu SonntagsBlick. «Unsere Aufgabe ist es, die Menschen zu schützen. Darüber muss sich die SiK Gedanken machen», erklärt der Berner. Wenn eine Person gefährlich sei, so der Nationalrat, «dann müssen das unsere europäischen Partner auch wissen».