637'000 Kinder turnen, sprinten oder rudern jährlich bei Kursen von Jugend+Sport (J+S), gecoacht von rund 80'000 Leiterinnen und Leitern in mehr als 80'000 Kursen. Verwaltet wird die riesige Organisation in der Nationalen Datenbank für Sport (NDS).
Die ist nun aber in die Jahre gekommen. Deshalb beantragte das Bundesamt für Sport (Baspo) 2017 beim Bundesrat einen Verpflichtungskredit, um eine neue Applikation zum Preis von 11,2 Millionen Franken beschaffen zu können.
Braucht es das wirklich?
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Verantwortlichen in Magglingen, wo das Baspo seinen Sitz hat, eine erste Zusatzrunde bereits hinter sich. Den Aufsehern der Eidgenössischen Finanzkontrolle war aufgefallen, dass das Amt einen entscheidenden Schritt vergessen hatte: die Abklärung, ob es tatsächlich eine eigens entwickelte Datenbank braucht.
Oder ob eine Standardlösung mit entsprechenden Anpassungen zweckdienlicher und kostengünstiger wäre. Mit dem Befund konfrontiert, liess das Baspo eine Marktanalyse zu den verfügbaren Applikationen erstellen.
Happiger Aufschlag
Das Ausschreibungsverfahren, an dem fünf IT-Firmen teilnahmen, führte Anfang 2018 zu einem ersten bösen Erwachen: Der Zuschlag ging an die Firma Queo Swiss, die einen Gesamtpreis von 16,06 Millionen Franken offerierte, knapp 5 Millionen mehr als vom Bundesrat bewilligt.
Nun zeigt aber ein Baspo-internes Dokument: Auch diese Summe wird bei weitem nicht reichen. Die Kosten für das IT-Grossprojekt sind regelrecht explodiert. Statt auf rund 16 Millionen kommt das IT-Projekt plötzlich auf 24,4 Millionen Franken zu stehen.
Es wäre billiger gegangen
Das Budget habe angepasst werden müssen, da der «Zuschlagsempfänger teurer angeboten hat als geplant», heisst es im Dokument, das dem Beobachter vorliegt. Eine mittlerweile zurückgezogene Klage eines unterlegenen Mitbewerbers habe zudem für eine Projektverzögerung und damit für Mehrkosten gesorgt.
Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Ein Blick in die von der Finanzkontrolle verlangte Marktanalyse von 2016 offenbart: Es wäre vermutlich wesentlich billiger gegangen. Die Wirtschaftsprüfer von KPMG kamen damals zum Schluss, dass es durchaus bestehende Lösungen gibt, die «die funktionalen Anforderungen der neuen NDS-Plattform gut bis sehr gut abdecken». Die Kosten dafür verortete die Beratungsfirma vorsichtig «im Bereich eines höheren einstelligen Millionenbetrags».
Alles neu oder nicht?
Trotzdem meldete das Baspo im Mai 2018, die neue Applikation werde von Queo Swiss «von Grund auf neu entwickelt». Heute will Baspo-Mediensprecher Christoph Lauener davon nichts mehr wissen: «Die Firma verwendet diverse Standardelemente und setzt sie zu einem neuen System zusammen.»
Die massiv höheren Kosten hingegen bestätigt Lauener. Für das System stehe keine IT-Standardlösung zur Verfügung. Vor der Ausschreibung des Auftrags sei deshalb «keine verlässlichere Schätzung möglich» gewesen.
Mögliche Kosten wurden «stark unterschätzt»
Die in der KPMG-Analyse genannten möglichen Kosten seien «stark unterschätzt» worden. «Sie basierten auf dem damals noch unvollständigen Wissen, welchen Umfang ein solches System haben könnte.»
In der Zwischenzeit wurde dieses Wissen immer besser – und der Preis für das System immer höher. Statt mit rund 16 Millionen für die Leistungen von Queo Swiss und ihren Unterlieferanten rechnet man mittlerweile mit 18,6 Millionen Franken. Die Leistungen des Baspo schlagen mit zusätzlichen 5,8 Millionen zu Buche. 2016 war man noch von 3,7 Millionen ausgegangen.
Noch ist aber nicht mal sicher, ob die nun veranschlagten 24,4 Millionen reichen: «Innerhalb des Budgets sind noch einige Posten vorhanden, die heute noch nicht final geschätzt werden können», heisst es im dem Beobachter zugespielten Dokument.
Dieser Artikel wurde aus dem Magazin «Beobachter» übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.beobachter.ch
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