Wäre heute Wahlsonntag, gäbe es bei den Mitteparteien statt Schampus lange Gesichter: CVP, BDP und GLP droht bei den Eidgenössischen Wahlen am 18. Oktober ein veritables Desaster!
Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts OpinionPlus im Auftrag von SonntagsBlick bei 1007 Befragten, die sicher an die Urne gehen wollen.
Die Resultate ...
Nur 10,8 Prozent wollen die CVP von Präsident Christophe Darbellay (44) wählen – 1,5 Prozent weniger als vor vier Jahren.
Kaum besser die Aussichten für die BDP von Präsident Martin Landolt (47) und die GLP von Martin Bäumle (51): Jeweils minus ein Prozent. Beide Mitteparteien kommen zurzeit auf je schlappe 4,4 Prozent Wähleranteil.
Alle drei Parteien liessen seit der SonntagsBlick-Umfrage im Juli noch mehr Federn – inzwischen belaufen sich die Verluste der Mitte auf total 3,5 Prozent.
Bei diesem Minus steht die knappe Mehrheit von CVP, BDP, GLP, SP und Grünen im Parlament wohl zur Disposition. Und damit möglicherweise auch der Sitz von BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (59).
Die Freisinnigen unter Parteipräsident Philipp Müller setzen ihren Höhenflug fort. Sie konnten den Anteil gegenüber der Juli-Umfrage nochmals ausbauen und kommen jetzt auf 17,1 Prozent Wähleranteil – zwei Prozent mehr als im Herbst 2011.
FDP-Chef Philipp Müller (63) gibt sich vorsichtig optimistisch: «Es wäre natürlich erfreulich, wenn die unermüdliche Arbeit all jener, die sich für die FDP engagieren, in diesem Ausmass Früchte trägt.» Trotzdem mahnt der Aargauer Ständeratskandidat: «Es gilt nun, im Schlussspurt nochmals alles zu geben.» Dass Müller vor zweieinhalb Wochen in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt war, hat der Partei offensichtlich nicht geschadet.
Auch die SVP von Toni Brunner (41) legt gemäss der Umfrage um 1,2 Prozent zu und kommt jetzt auf 27,8 Prozent der Wählerstimmen.
Selbst am anderen Ende des politischen Spektrums gibt es Gewinner: Die SP von Christian Levrat (45) legt gegenüber 2011 um 0,3 Prozent zu. Mit 19 Prozent behauptet die SP damit den 2. Platz deutlich vor der FDP. Deren Ziel, zweitstärkste Partei zu werden, ist ausser Reichweite.
Im Abwärtssog befinden sich weiterhin die Grünen: Sie würden 1,3 Prozent verlieren. Immerhin: bei der Umfrage im Juli lagen sie sogar 1,7 Prozent im Minus.
... und was sie bedeuten
Wie sind die Umfrageergebnisse drei Wochen vor der Richtungswahl zu intepretieren? Profitiert die SVP tatsächlich von der Flüchtlingskrise, wie viele Beobachter behaupten?
SonntagsBlick liess deshalb die Kompetenzfrage stellen: Welcher Partei trauen die Wahlwilligen am ehesten zu, tragfähige Lösungen für die Flüchtlingskrise zu finden? Hier können SVP, CVP und SP am meisten punkten (siehe Grafik). Die Kompetenzwerte dieser drei Parteien sind höher als ihre jeweiligen Wähleranteile.
Konkret: Die SVP kommt auf 27,8 Prozent Wähleranteil – aber 33,1 der Befragten sagen, die Brunner-Partei habe die höchste Kompetenz im Asyldossier. Allerdings: So hoch ist dieser Wert auch wieder nicht, gelang es doch der Partei mehrfach, Mehrheiten bei umstrittenen Ausländerabstimmungen zu gewinnen.
Was Darbellay & Co. mehr zu denken geben muss als die Flüchtlingskrise ist der hohe Anteil der Untentschlossenen. Jenen, die sicher zur Wahl gehen wollen, aber noch nicht sicher sind, für welche Partei sie stimmen. Dieser Wert liegt bei rund 20 Prozent – «drei Wochen vor der Wahl ist das überraschend hoch», sagt OpinionPlus-Geschäftsführer Matthias Kappeler (43).
Der erfahre Meinungsforscher weiss: Leute, die abwarten, wählen am Schluss eher konservativ. Und das ist im Grunde nur für SVP und FDP eine gute Nachricht.