Als Bundesrat hat man für den Rest des Lebens ausgesorgt: Dank einer grosszügigen Rente müssen sich die ehemaligen Magistraten keine allzu grossen Sorgen machen, wie sie ihr Leben nach dem Abschied aus der Regierung finanzieren werden.
Gerade jüngere Mitglieder bleiben jedoch nach dem Ende ihrer Bundesratskarriere weiterhin beruflich tätig. So auch Doris Leuthard (56), die 2018 als Verkehrsministerin zurücktrat – und Zeit ihres Amtes zu den beliebtesten Bundesrätinnen gehörte. Wer die Aargauerin als Referentin einladen möchte, muss allerdings tief in die Tasche greifen.
SonntagsBlick weiss: Ein Verband, der die CVP-Politikerin für einen Auftritt anfragte, hätte dafür 6000 Franken investieren müssen. Und damit wären die Organisatoren noch gut davongekommen: Je nach Veranstalter beläuft sich Leuthards Gage auf bis zu 9000 Franken, wie Recherchen zeigen. Im spezifischen Fall kam der Auftritt wegen einer Terminkollision nicht zustande.
«Abhängig von der Art der Veranstaltung»
Wer die Ex-Magistratin für eine Rede buchen will, muss mit der Agentur Speakers verhandeln. «Die Höhe der Honorare ist Verhandlungssache und ist abhängig von der Art der Veranstaltung», sagt Speakers-Chefin Esther Girsberger auf Anfrage. Zu besagtem Honorar will sie sich nicht äussern.
Doris Leuthard selbst argumentiert gegenüber SonntagsBlick, sie habe viele Anfragen und akzeptiere ein paar wenige pro Jahr, «teils pro bono, teils eben bezahlt». Es gebe viele spannende Themen, sie beschränke sich aber auf jene, mit denen sie sich auskenne.
Bei Anlässen von Unternehmen und Organisationen erhielten Referenten üblicherweise eine Entschädigung, so Leuthard weiter.
Anders sei das bei politischen Veranstaltungen und Anlässen gemeinnütziger Organisationen. Für Stiftungen arbeite sie gratis, mache aber daneben auch bezahlte Verwaltungsratsarbeit. Leuthard: «Um die Details inklusive Honorarfragen kümmert sich wie bei anderen Persönlichkeiten die Agentur Speakers. Ich kenne die üblichen Honorare nicht.»
Couchepin lässt spenden
Und wie handhaben andere ehemalige Bundesräte ihre Auftritte? FDP-Magistrat Pascal Couchepin tritt bei gemeinnützigen Organisationen oder Parteien gratis auf, wie er gegenüber SonntagsBlick sagt. «Organisationen oder Firmen bitte ich jeweils darum, einen Betrag an ein Hilfswerk zu spenden.» An wen und wie viel, entschieden die Organisatoren selber. «Wenn es wenig ist, finde ich das unelegant.»
Es könne aber auch ganz anders kommen, sagt Couchepin: «Vor zwei Jahren wurde ich von einer grossen Firma als Referent eingeladen, konnte aber aus gesundheitlichen Gründen nicht am Anlass teilnehmen», so der Walliser. Die Firma hatte ursprünglich geplant, 3000 Franken an ein Hilfswerk zu spenden; trotz Absage habe sie 10'000 Franken daraus gemacht.
Couchepins Anekdote zeigt: Der Marktwert ehemaliger Bundesräte dürfte bei Gagen von 3000 bis 10'000 Franken liegen. Leuthard hält die Honorare in der Schweiz denn auch für angemessen, wie sie sagt: «Sie sind vergleichsweise zu jenen von deutschen, amerikanischen und französischen Ex-Politikern klein.» So soll der frühere US-Präsident Bill Clinton für eine einstündige Rede 500'000 Dollar kassiert haben.
Für auftrittslustige Ex-Magistraten spricht, dass sie mit ordentlichen Honoraren die Staatskasse entlasten: Sobald ihr Einkommen samt Bundesratsrente das Salär amtierender Bundesräte übersteigt – rund 440'000 Franken brutto –, wird ihnen die Differenz von der Rente abgezogen.