Crevetten dank Sklavenarbeit, Medikamententests in Ägypten, Gold aus Kinderarbeit: Schweizer Konzerne handeln im Ausland nicht immer nach den hohen hiesigen Standards. Nun kommen Firmen wie Migros, Novartis, Roche oder der Goldhändler Valcambi aber unter Druck, bei Menschenrechten und Umweltrisiken genauer hinzuschauen.
Grund ist die Konzernverantwortungs-Initiative, welche ein Verein von 77 NGO im Herbst einreichen wird. Die Forderungen der Initiative finden in der Bevölkerung massiv Unterstützung. Laut einer aktuellen repräsentativen Demoscope-Meinungsumfrage im Auftrag der Initianten, unterstützen 89 Prozent der Befragten das Anliegen der Initiative. Sie begrüssen es, «wenn Schweizer Konzerne verpflichtet werden, die Menschenrechte und die Umwelt auch im Ausland zu respektieren».
Sogar 92 Prozent der Befragten befürworten, dass Schweizer Konzerne «verpflichtet werden zu überprüfen, ob ihre Tochterfirmen und ihre Zulieferer die Menschenrechte einhalten und Sorge zur Umwelt tragen».
Der ehemalige FDP-Ständerat Dick Marty sitzt im Initiativkomitee und ist der Meinung, multinationale Unternehmen sollten künftig eine wichtige Rolle zur Durchsetzung der Menschenrechte spielen. «In der Schweizer Bevölkerung ist ein grosses Bewusstsein vorhanden, dass in der Wirtschaft bezüglich der Menschenrechte ein Problem besteht.» Dies zeige das deutliche Umfrageresultat, so Marty.
Die Initiative sei wirtschaftsfreundlich, denn bei Menschenrechtsverletzungen drohten grosse Imageschäden. Zudem sei der Vorschlag unbürokratisch. Er verlangt eine Sorgfaltspflicht und das Recht der Opfer, auch in der Schweiz Schäden einzuklagen.
Die Schweiz hat eine besondere Verantwortung
«Es geht doch nicht an, dass Verwaltungsräte in der Schweiz viel verdienen, aber nicht für ihre Entscheide in ganz armen Ländern haften», sagt Marty. Die Schweiz habe zudem die höchste Konzentration von multinationalen Unternehmen und darum eine besondere Verantwortung.
Marty glaubt, die Initiative sei auch ein effektives Mittel zur Bekämpfung der Ursachen von Migration: «Wer in armen Ländern zunehmend gerecht behandelt wird, verlässt sein Land auch nicht Richtung Europa.»
«Eine ganz gefährliche Initiative»
Der Wirtschaftsverband Economiesuisse hingegen bekämpft die Initiative vehement. «Eine ganz gefährliche Initiative», sagt Präsident Heinz Karrer. Die in der Schweiz domizilierten internationalen Unternehmen hielten die Menschenrechte sehr wohl ein. Das zeigten die zahlreichen Programme, die diese Konzerne selbst implementiert hätten.
Doch die Konzernverantwortungs-Initiative gehe noch viel weiter. Unternehmen sogar für das Verhalten von Zulieferern aus anderen Staaten in die Pflicht zu nehmen, ist laut Karrer eine weltweit einzigartige Regulierung. «Und es ist schlicht nicht durchsetzbar.»
Noch sind die Meinungen aber nicht bei allen Unternehmen gemacht. Die Migros, welche bei der Crevetten-Produktion besser hinschauen will, hat laut einem Sprecher zur Konzernverantwortungs-Initiative noch keine Position.