Am Freitag verkündete der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew, er wünsche sich, dass Gerhard Schröder in den Aufsichtsrat des halbstaatlichen russischen Erdölkonzerns Rosneft gewählt wird. Nach Mandaten für die mehrheitlich russischen Gaspipeline-Projekte Nord Stream 1 und 2 wird dies Schröders drittes russisches Mandat.
Sofort nach Medwedews Ankündigung prasselte massive Kritik auf Schröder, Deutschlands Bundeskanzler von 1998 bis 2005. Der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer bezeichnete das Verhalten des prominenten Sozialdemokraten als «schamlos» – mehr noch: «Er erniedrigt sich endgültig zu einem bezahlten Diener der Politik Putins.»
Schröders eigene Partei zeigte sich fünf Wochen vor den Bundestagswahlen irritiert. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz distanzierte sich auf Facebook unmissverständlich: «Ich würde das nicht tun.» Schulz weiter: «Auch nach meiner Zeit als Bundeskanzler werde ich keine Jobs in der Privatwirtschaft annehmen.»
Und was sagt Schröder? In einem Telefongespräch mit BLICK äusserte sich der Angegriffene zu allen Fragen.
Wie kam das Mandat zustande?
An Rosneft, dem grössten Erdölkonzern der Welt, ist laut Schröder «keineswegs nur Russland beteiligt, sondern auch Glencore, BP, Katar und weitere». Der Aufsichtsrat suche jemanden, der Erfahrung darin habe, solch unterschiedliche Aktionäre zusammenzubringen: «Ich wurde von CEO Igor Setschin und den internationalen Aktionären angefragt.» Es gebe jedoch auch politische Erwägungen: «Ich bin der Auffassung, dass die Integration Russlands in die Weltwirtschaft und die Integration der Energiewirtschaft Russlands von grosser Bedeutung ist. Zudem hat Rosneft erhebliche Interessen in Deutschland, speziell im Osten.»
Welche Rolle spielt Wladimir Putin?
Rosneft-Chef Setschin gilt als enger Vertrauter Putins, mit dem auch Schröder befreundet ist. Der Ex-Kanzler: «Ich weiss nicht, ob Präsident Putin in die Anfrage involviert war. Er hat mich nicht direkt kontaktiert. Ich sehe ihn gelegentlich, in diesem Jahr bisher ein Mal.»
Warum will Schröder dieses Mandat?
Schon seit langem bemüht sich der Sozialdemokrat, die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen Russland und der EU zu verbessern: «Die Entscheidung für Rosneft ist eine private Entscheidung von mir.»
Warum überhaupt Schröder?
Deutsche Politiker äussern die Vermutung, der Ex-Kanzler solle für Rosneft – wie bereits für Nord Stream 1 und 2 – dank seiner internationalen Kontakte als Türöffner fungieren. Er selbst ist überfragt: «Ich kann nicht beurteilen, welche Überlegungen Rosneft bei dem Vorschlag anstellte, mich zu berufen.»
Was soll Schröder tun – und was bekommt er dafür?
Schröder rechnet pro Jahr mit vier Sitzungen – alle in Moskau. Gegenüber BLICK legt der Jurist erstmals auch sein Salär offen: «Ein Non-Executive verdient 500’000 Dollar pro Jahr. Davon zieht der russische Staat 30 Prozent ab. Das Salär liegt also bei rund 350’000 Dollar. Zudem fallen die deutschen Steuern an.»
Was antwortet er seinen Kritikern?
Schröder war bewusst, dass seine Berufung zu reden geben werde. Er hätte jedoch nicht erwartet, dass darüber «mit dieser Einseitigkeit» berichtet wird: «Es ist eine politische Kampagne zugunsten von Frau Merkel. Man will ihr über die Diffamierung meiner Person helfen.»
Die Aussage von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz («Ich würde es nicht tun.») kommentiert Schröder so: «Jeder muss selber wissen, was er sagt. Ich werde Martin Schulz’ Wahlkampf trotzdem unterstützen, wenn er das will. Ich bin Sozialdemokrat und gedenke, das mein Leben lang zu bleiben.»
Heftige Kritik kommt vor allem von der «Bild»-Zeitung. Sie verlangt sogar, dass sich Schröder aus dem Wahlkampf zurückzieht, um seiner Partei einen Gefallen zu tun – er müsse sich entscheiden: «Putin oder SPD.»
Dazu Schröder: «Ich glaube nicht, dass ich mit dem Mandat meiner Partei schade. Die gezielte Instrumentalisierung der ‹Bild›-Zeitung wird keinen Einfluss auf die Wahlen haben. Die Deutschen haben ein grosses Interesse daran, vernünftige Beziehungen zu Russland zu haben.»
Was hält Schröder von den Sanktionen gegen Russland?
Nach der Annexion der Krim verhängten EU und USA Sanktionen gegen Russland, die auch den Rosneft-Konzern betreffen. «Diese Sanktionen erfüllen ihre Funktionen nur bedingt. Ich will das Verhältnis zwischen der EU und Russland verbessern helfen. Dazu braucht es beide Seiten – und ich will meinen bescheidenen Beitrag leisten.»
Für den Vorschlag des deutschen FDP-Chefs Christian Lindner, im Verhältnis zu Russland die Krim nicht weiter zum Thema zu machen, findet Schröder lobende Worte: «Der Vorsitzende der freien Demokraten ist weiter als diejenigen, die meinen, dass ihnen Russland-Bashing im Wahlkampf hilft. Das deutsche Volk will vernünftige Verhältnisse zu Russland, das hat Christian Lindner begriffen. In der Krim-Frage wird sich nichts ändern, alle anderen Fragen sollte man getrennt klären.»
Was tut Rosneft in Deutschland?
Das Erdölunternehmen hat in Deutschland einen Marktanteil von zwölf Prozent und beschäftigt Tausende Angestellte. Schröder: «Ich glaube, dass es den Rosneft-Arbeitnehmern in Deutschland und den Gewerkschaften nicht unwohl ist, wenn ein Deutscher an wichtiger Stelle mit dabei ist.»
Heute arbeitet Schröder in seinem früheren Beruf als Anwalt, zudem wirkt er als Berater, unter anderem für Ringier, den Konzern, der auch BLICK herausgibt. Zum Schluss des Gesprächs sagt Schröder bestimmt: «Ich werde mich zur Wahl stellen, trotz aller Kritik, die ich für falsch halte.»
Der russische Präsident Wladimir Putin verhalf Gerhard Schröder zu einem lukrativen Job und Adoptiv-Kindern. Kein Wunder, zeigt Schröder seine Freundschaft zum umstrittenen Präsidenten auch offen.
Gerhard Schröder (73) und Wladimir Putin (64): ein ungleiches Paar, aber dennoch dicke Freunde. Das offenbarte sich, als der ehemalige deutsche Kanzler Schröder an der Party zu seinem 70. Geburtstag den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Gast einlud und herzlich umarmte. Die Empörung war enorm, auch innerhalb von Schröders Partei, der SPD. Die herzhafte Begrüssung erfolgte nämlich ausgerechnet dann, als sich die deutsche Bundesregierung um die Freilassung deutscher Geiseln in der Ostukraine bemühte und die EU Sanktionen gegen Russland verhängte.
Schröder verteidigte sich damals im BLICK: «Seitdem ich Wladimir Putin kenne, seit mehr als 14 Jahren, begrüssen wir uns so. Das ändere ich auch nicht in schwierigen Zeiten.»
Pipeline zahlt sich für Schröder aus
Auch während Schröders Kanzlerschaft, die von 1998 bis 2005 dauerte, arbeiteten die beiden Politiker eng zusammen. Sie initiierten den Bau einer Unterwasser-Gaspipeline durch die Ostsee. Wenige Monate vor seinem Rücktritt wurde Schröder mit Hilfe Putins in den Aufsichtsrat der Nord Stream befördert. Die Nord Stream, die mit dem Bau der Pipeline beauftragt worden war, gehört zu 51 Prozent dem staatlich kontrollierten russischen Gasmonopolisten Gazprom.
Der russische Präsident Wladimir Putin verhalf Gerhard Schröder zu einem lukrativen Job und Adoptiv-Kindern. Kein Wunder, zeigt Schröder seine Freundschaft zum umstrittenen Präsidenten auch offen.
Gerhard Schröder (73) und Wladimir Putin (64): ein ungleiches Paar, aber dennoch dicke Freunde. Das offenbarte sich, als der ehemalige deutsche Kanzler Schröder an der Party zu seinem 70. Geburtstag den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Gast einlud und herzlich umarmte. Die Empörung war enorm, auch innerhalb von Schröders Partei, der SPD. Die herzhafte Begrüssung erfolgte nämlich ausgerechnet dann, als sich die deutsche Bundesregierung um die Freilassung deutscher Geiseln in der Ostukraine bemühte und die EU Sanktionen gegen Russland verhängte.
Schröder verteidigte sich damals im BLICK: «Seitdem ich Wladimir Putin kenne, seit mehr als 14 Jahren, begrüssen wir uns so. Das ändere ich auch nicht in schwierigen Zeiten.»
Pipeline zahlt sich für Schröder aus
Auch während Schröders Kanzlerschaft, die von 1998 bis 2005 dauerte, arbeiteten die beiden Politiker eng zusammen. Sie initiierten den Bau einer Unterwasser-Gaspipeline durch die Ostsee. Wenige Monate vor seinem Rücktritt wurde Schröder mit Hilfe Putins in den Aufsichtsrat der Nord Stream befördert. Die Nord Stream, die mit dem Bau der Pipeline beauftragt worden war, gehört zu 51 Prozent dem staatlich kontrollierten russischen Gasmonopolisten Gazprom.
Russlands Öl-Geschäft gehört einem «Silowiki», so nennt man die Mächtigsten im Reich von Wladimir Putin (64). Er heisst Igor Setschin (56), seit 2012 CEO von Rosneft.
Glencore-Chef im Verwaltungsrat von Rosneft
Der Staatskonzern gehört zu den Ölgiganten der Welt, besitzt Förderanlagen, Raffinerien, Tankstellen. Vor allem in Russland. Vier in Genf gelistete Gesellschaften kümmern sich etwa um treuhänderische Aufgaben und Handel.
Im Verwaltungsrat sässe Ex-Kanzler Gerhard Schröder (73) neben Glencore-Chef Ivan Glasenberg (60) und Faisal Alsuwaidi (63) von der Qatar Foundation. Beide steckten Milliarden in Rosneft, Putin dagegen Vertrauen in den Ölboss.
Setschin machte Rosneft zu Russlands grösstem Öl-Konzern
Sie kennen einander aus der Leningrader Verwaltung. Bis 2008 leitet Setschin stellvertretend die Putinsche Präsidialverwaltung, wird danach Vize-Premier.
Unter Setschin wächst Rosneft zu Russlands grösstem Ölkonzern heran. Als Konkurrentin Yukos von Michail Chodorkowski (54) 2004 zerschlagen wird, schnappt sich Setschin, damals noch Rosneft-Präsident, das Filetstück der Gruppe. 2013 dann kauft er den Ölriesen TNK-BP von einer Gruppe um Oligarch Viktor Vekselberg (60).
Rosneft kriegt keine Kredite in der EU
«Setschin hat völlige Loyalität gegenüber Putin gezeigt», schreibt das US-Finanzministerium. Es führt den CEO seit der Krim-Annexion auf einer Sanktionsliste. Das heisst: Einreiseverbot und eingefrorene Dollars.
In der EU kriegt sein Konzern wegen der Sanktionen keine Kredite. Doch auch der Ölpreis in Rubel macht Rosneft zu schaffen. Der Gewinn sank im ersten Halbjahr 2017 im Vergleich zu 2016 von 1,6 Milliarden auf 1,4 Milliarden Dollar.
Russlands Öl-Geschäft gehört einem «Silowiki», so nennt man die Mächtigsten im Reich von Wladimir Putin (64). Er heisst Igor Setschin (56), seit 2012 CEO von Rosneft.
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Der Staatskonzern gehört zu den Ölgiganten der Welt, besitzt Förderanlagen, Raffinerien, Tankstellen. Vor allem in Russland. Vier in Genf gelistete Gesellschaften kümmern sich etwa um treuhänderische Aufgaben und Handel.
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