Ex-SBB-Chef Benedikt Weibel über den Postauto-Bschiss
«Susanne Ruoff muss jetzt Verantwortung übernehmen»

Er war von 1993 bis 2006 Mister SBB. Jetzt stützt Benedikt Weibel Post-Chefin Susanne Ruoff. Und denkt laut über eine Privatisierung der Post nach.
Publiziert: 16.02.2018 um 12:17 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 16:45 Uhr
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Pikante Äusserung: Ex-SBB-Chef Benedikt Weibel denkt über Postprivatisierung nach.
Foto: Kurt Reichenbach

Benedikt Weibel (71) werweisst. Was war die Motivation für den Bschiss bei der Postauto AG? Dem langjährigen SBB-Chef ist es total «schleierhaft». «Postauto macht ja nur zehn Prozent des Umsatzes der Post aus. Es war immer klar, dass dort nicht ein massgeblicher Gewinn für das Unternehmen erwirtschaftet werden kann», sagt der ehemalige Spitzenmanager im Interview mit der «Schweizer Illustrierten».

Vom Skandal sei er völlig überrascht worden. «Ich war total erstaunt! Als die erste Meldung auf meinem Handy erschien, hab ich mir den Artikel sofort ausgedruckt», so Weibel. «Und als der BLICK noch Auszüge des Revisionsberichts von 2013 veröffentlichte, in dem schwarz auf weiss auf die Probleme mit den Gewinnen der subventionierten Postauto-Linien hingewiesen wird, wunderte ich mich erst recht.»

Ruoff habe sowieso ein Problem – ob sie es gewusst habe oder nicht

Bei solchen Skandalen gebe es zwei mögliche Szenarien. «Entweder sie hat es gewusst. Dann ist es sowieso nicht gut», sagt der Berner. «Oder sie hat es nicht gewusst. Dann hat sie ebenfalls ein Problem. Und zwar jenes, das die internen Kontrollmechanismen nicht gegriffen haben.» 

Trotzdem: «Für Rücktrittsforderungen ist es mit dem heutigen Wissensstand viel zu früh», sagt Weibel und erinnert sich: «Als Chef der SBB wurde ich nach der schrecklichen Unfallserie 1994 auch zum Rücktritt aufgefordert. Im Nachhinein wäre dieser Entscheid ganz schlecht gewesen.»

In einer Krise entwickle man als Chef eine «unheimliche Motivation, alles zu tun, damit so etwas nie mehr passiert». Darum müsse Susanne Ruoff nun «Verantwortung übernehmen und den Fall lückenlos aufdecken».

Weibel denkt laut über Post-Privatisierung nach

Pikant: Nun sei der Zeitpunkt gekommen, über die Privatisierung von staatsnahen Betrieben nachzudenken, sagt Weibel. Bei der Swisscom befürwortet er eine solche ganz klar. «Zumal sie zum Teil schon privatisiert ist.» Die Swisscom behauptete sich auf dem Markt gut. «Bleibt sie öffentlich, erwarte ich viel mehr von ihr. Der Kundendienst ist für einen Betrieb mit Service public eigentlich untolerierbar!»

Bei der Post äussert sich Weibel im Interview mit der Wochenzeitschrift zurückhaltender. «Die Poststellen sind das Gesicht des Service public der Post. Werden sie zu radikal abbaut, stellt sich auch bei der Post die Frage der Privatisierung», so Weibel. «Der Briefmarkt ist sowieso schon zusammengefallen, Päckchen und Briefe verschicken können auch DPD oder DHL. Die Postfinance ist unter Druck, und Postlogistics kämpft gegen die Konkurrenz.» (vfc)

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