Ex-Mitarbeiter packen aus
Drogen und Gewalt im Asylzentrum

Das Bundesasylzentrum in Zürich steht wegen strikten Kontrollen in der Kritik. Doch diese scheinen nötig: Im Vorgängerbetrieb unter der Leitung der Stadt Zürich gab es grosse Sicherheitsprobleme.
Publiziert: 20.11.2019 um 09:49 Uhr
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Der ehemalige Sicherheitschef des ehemaligen Asylzentrums Juch in Zürich-Altstetten, Markus Giger, spricht von massiven Sicherheitsproblemen im Zentrum.

«Asylzentrum ausser Kontrolle», titelt die sonst betont zurückhaltende «Neue Zürcher Zeitung» heute auf der Frontseite. Grund: Im mittlerweile geschlossenen Asylzentrum Juch in der Stadt Zürich gab es massive Sicherheitsprobleme. Ehemalige Mitarbeiter erzählen der Zeitung von organisierter Kriminalität, Gewalt und Erpressungen.

Einer von ihnen ist Markus Giger, der als Sicherheitschef im Zentrum Juch gearbeitet hat und dann entlassen worden ist. «Das Asylzentrum wurde von kriminellen Banden als Umschlagplatz für Diebesgut und Drogen genutzt, während die Leitung der Asylorganisation Zürich weggeschaut hat», sagt er. Auch seien unbefugte Personen im Zentrum ein und aus gegangen und hätten dort auch übernachtet.

Mit vollen Koffern zurück in die Heimat

Kleiderdiebstähle führten im Asylzentrum wiederholt zu Polizeieinsätzen. Laut Giger stahlen manche Bewohner im grossen Stil. Das sei so weit gegangen, dass sie mit leeren Händen ins Zentrum gekommen und mit vollen Koffern ins Heimatland zurückgekehrt seien. Das Sicherheitspersonal hatte aus Rücksicht auf die Privatsphäre die Weisung, Taschen nur von aussen abzutasten und sich bei Zimmerkontrollen zurückzuhalten.

Der ehemalige Sicherheitschef gibt an, er habe bei der Zentrumsleitung gezielte Durchsuchungen gefordert, wenn ein konkreter Verdacht vorgelegen habe. Gefunden worden seien neben falschen Ausweisen und Bargeld mutmasslich gestohlene Markenkleider, Rasierklingen, elektronische Geräte, Parfum und Alkohol im Wert von mehreren tausend Franken, gibt er gegenüber der «NZZ» an.

Kiffen tolerierbar?

Auch sei im Zentrum mit Drogen – vor allem Kokain – und Medikamenten gehandelt worden. Manche Bewohner hätten anderen die Medikamente abgepresst. Giger erzählt auch von zuweilen exzessivem Alkoholkonsum unter den Bewohnern. «Die Zentrumsleitung hat ausdrücklich gesagt, dass wir den Konsum von Bier und Haschisch im Einzelfall tolerieren sollen – schliesslich würden wir uns diese Genussmittel nach Feierabend ja auch gönnen.»

Grund für die Kontroverse um ein mittlerweile geschlossenes Asylzentrum ist die harsche Kritik am Nachfolger: dem Bundesasylzentrum auf Duttweiler-Areal in der Stadt Zürich. Wegen strikten Einlasskontrollen und Leibesvisitationen ist von gefängnisähnlichen Zuständen und menschenunwürdigen Bedingungen ist die Rede. SP-Stadtrat Raphael Golta (44) spricht von massiven Eingriffen in die persönliche Freiheit der Flüchtlinge. «Ein pragmatisches Vorgehen betreffend Sicherheit ist möglich und auch ausreichend.» Das hätten die Erfahrungen im Testzentrum Juch in Oerlikon gezeigt, sagte er kürzlich.

Sozialdepartement dementiert

Diese und ähnliche Aussagen bewogen wohl den ehemaligen Sicherheitschef Giger, mit seinen Erfahrungen an die Öffentlichkeit zu treten. Das Zürcher Sozialdepartement dementiert gegenüber der «NZZ» die Darstellungen: Die Mitarbeiter seien ausgebildet gewesen, und sie hätten bei Verdacht durchaus Kontrollen durchgeführt. «Minuziöse Hausdurchsuchungen und Zimmerkontrollen» habe man aber der Polizei überlassen.

Sowohl die Aufbewahrung von als auch der Handel mit illegalen Drogen hätten sich in der Regel ausserhalb der Asylunterkunft vollzogen, so das Sozialdepartement weiter. Alkoholkonsum im Zentrum lasse sich trotz Verbot und Kontrollen nicht gänzlich vermeiden, ebenso wenig wie gewaltsame Auseinandersetzungen, heisst es weiter. Und: Dass unbefugte Personen im Zentrum übernachtet hätten, treffe zu. Es habe sich dabei aber um Einzelfälle gehandelt.

Die Stadtpolizei Zürich bestätigt gegenüber der Zeitung regelmässige Einsätze im Testzentrum Juch wegen Verdachts auf Diebstahl. Von Drogenhandel auf dem Areal hat die Polizei indessen keine Kenntnis. (nmz)

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