Diese Personalrochade in Brüssel sollte der Schweiz zu denken geben. Wollen Schweizer Diplomaten bei der EU etwas erreichen, müssen sie über die Division «Nicht-EU-Länder in West-Europa» gehen. Hier ist der sogenannte «Swiss Desk» der EU angesiedelt. Der bisherige Chef, der Italiener Gianluca Grippa, galt schon als harter Knochen – und das, obwohl er sich als «Freund der Schweiz» bezeichnete. Doch sein designierter Nachfolger, Lucio Gussetti, ist es erst recht. Gussetti, auch ein Italiener, wird einer der wichtigsten Ansprechpartner der Schweiz in Brüssel. Zu verhandeln gibt es einiges.
Vor allem die Masseneinwanderungsinitiative will umgesetzt werden, ohne dass die hiesige Wirtschaft Schaden nimmt. Gussetti wird den Posten im Herbst übernehmen. «Er ist ein Hardliner», sagt Europa-Experte Cenni Najy (29) vom Schweizer Think-Tank Foraus, «er ist Jurist der Kommission, die sind am dogmatischsten und unflexibelsten». Indem die Schweiz die Personenfreizügigkeit in Frage stellt, rüttelt sie an einem EU-Grundpfeiler. Und provoziert damit eingefleischte Europäer wie Gussetti.
Der Schweizer Aussenpolitiker und Genfer SP-Nationalrat Carlo Sommaruga (56) macht sich jedenfalls keine Illusionen. «Alle europäischen Beamten, die das Schweizer Dossier behandeln, sind Hardliner.» Wie stehen die Chancen auf einen Schweizer Verhandlungserfolg? «Sehr klein. Wenn überhaupt.»
Die Berufung Gussettis zeigt: Die EU ist entschlossen, ihre Prinzipien zu verteidigen. Das kriegten 2015 schon die Griechen zu spüren. Laut verkündete Premierminister Alexis Tsipras (40) nach der Wahl im Januar, mit der EU einen neuen, besseren Vertrag aushandeln zu wollen. Das Resultat ist bekannt: Brüssel liess ihn auflaufen. Am Schluss musste Tsipras einen noch viel einschneidenderen Vertrag unterzeichnen.