Gegen die Anti-Rassismus-Strafnorm gabs in der Schweiz immer wieder Widerstand. Doch die Skepsis, dass das 1995 eingeführte Strafrecht gegen diskriminierende Äusserungen wegen Rasse, Ethnie oder Religion übertrieben ist, bröckelt zusehends. Auch im Parlament in Bern.
Erst im vergangenen Dezember hatte es beschlossen, den Anti-Rassismus-Artikel um die sexuelle Orientierung zu ergänzen. Homosexuelle, Bisexuelle, Trans- und Intersexmenschen (LGBTI) sollen so besser gegen Diskriminierung geschützt werden.
Es fehlen noch drei Viertel der nötigen Unterschriften
Dass im erweiterten Strafrecht nicht alle einen Maulkorb für Schwulenwitze und erzkonservative Kanzelprediger sehen, spüren jetzt auch die Eidgenössisch-Demokratische-Union (EDU) und die Junge SVP. Die Unterschriftensammlung für ihr Referendum harzt gewaltig: Bis jetzt sind erst rund 13'000 der erforderlichen 50'000 Unterschriften zusammen, wie EDU-Präsident Hans Moser (68) bestätigt.
«Es wird sehr eng bis zum Ende der Referendumsfrist am 8. April», fürchtet Moser. «Eigentlich wollten wir die Sammlung der Unterschriften am 24. März abschliessen, um genügend Zeit für deren Beglaubigung zu haben.» Der St. Galler denkt bereits über einen neuen Fahrplan für sein Komitee nach.
Referendumskomitee fühlt sich missverstanden
Moser gibt die Hoffnung aber nicht auf und nimmt die Sammler ins Gebet: «Es sind rund 120'000 bis 150'000 Sammelbögen im Umlauf, auf die wir jetzt warten.» Er weiss, dass es schwierig ist, das Anliegen «politisch-korrekt» zu verkaufen. «Obwohl wir absolut nicht gegen homosexuelle Menschen sind, gelang es diesen, in eine Opferrolle hineinzukommen», kritisiert Moser.
Die Junge SVP und die EDU betonen, dass es ihnen beim Kampf gegen die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm einzig um die Glaubens-, Gewissens- und Redefreiheit gehe. Sie befürchten eine «Klagewelle», wenn jeder Schwulenwitz am Stammtisch angezeigt werden könne. Ihre Kampagne haben sie deshalb in Richtung Schutz vor Zensur ausgelegt. «Die christlich-religiösen Argumente sind auch wichtig, aber es geht im Referendum um Grundsätzliches», so Moser.
Nur nehmen das offenbar viele der EDU nicht ab. Hinzu kommt ein weiteres Problem: Die Gegenseite bleibt auffällig ruhig, um dem Referendum kein grosses Gewicht in der Öffentlichkeit zu geben. So haben verschiedene LGBTI-Vereinigungen beschlossen, das Thema totzuschweigen. Man wolle nicht Öl ins Feuer giessen.