Die Türkei isoliert sich immer weiter. Nun kürzt das Regime von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan (63) auch noch seine Beiträge an den Europarat.
In einem Brief an dessen Generalsekretär Thorbjørn Jagland (67) schreibt der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu (49), dass es ihm «kein Vergnügen bereitet, Sie zu informieren, dass die Republik Türkei sich entschieden hat, ihren Status als wichtiger Beitragszahler an das Budget des Europarates zu unterbrechen». Das Schreiben datiert vom 1. November.
Als Grund für die Kürzung nennt Cavusoglu die Verleihung des Václav-Havel-Preises an Murat Arslan im Oktober. Der Rat ehrte den türkischen Verfassungsrichter, weil er sich stets für die Unabhängigkeit der Justiz eingesetzt habe. Seit dem gescheiterten Putsch von 2016 sitzt er in Haft. Aussenminister Cavusoglu beschwert sich darüber, dass der Europarat eine Plattform geworden sei, über welche «antitürkische Tendenzen» befördert würden. Die Auszeichnung für Arslan sei der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe.
Woher das fehlende Geld kommen soll, weiss niemand
«Das ist reine Erpressung», sagt der Leiter der Schweizer Delegation beim Europarat, SVP-Nationalrat Alfred Heer (56, ZH). «Der Europarat erinnert mich immer mehr an einen Kegelklub. Wem es nicht passt, der zahlt einfach seine Beiträge nicht mehr.»
Ankara hatte für das laufende Jahr rund 33,9 Millionen Euro versprochen. Das entspricht 7,5 Prozent des Gesamthaushaltes. Damit rangiert die Türkei unter den wichtigsten Beitragszahlern wie Deutschland oder Frankreich. Zum Vergleich: Die Schweiz hat sich 2017 zur Zahlung von 8,3 Millionen Franken verpflichtet.
Wie viel die Türken einbehalten wollen, steht noch nicht fest. Doch das Budget des Europarates ist bereits heute belastet: Im Sommer gab Russland bekannt, in diesem Jahr keine weiteren Zahlungen leisten zu wollen. Die Rede ist von rund zehn Millionen Euro.
Wo die fehlenden Mittel herkommen sollen, weiss niemand. «Es wird kaum ein anderes Land einspringen», meint Heer. Vielleicht finde sich mit den beiden Staaten «irgendein fauler Kompromiss». Doch zeige der jüngste Streit, «in welch trauriger Verfassung dieses Gremium eigentlich ist», bilanziert der SVPler.