Wohl drei Mal traf sich Bundesanwalt Michael Lauber (54) mit Fifa-Chef Gianni Infantino (50). Ihr Gesprächsthema: der sogenannte Fussball-Komplex, mehrere Dutzend Strafermittlungen, die die Bundesanwaltschaft (BA) im Umfeld von möglichen Korruptionsvergehen im Weltfussball führt.
Lauber – der sich wie alle anderen Beteiligten partout nicht ans dritte Treffen erinnern will – betonte immer wieder, es sei dabei um strategische Fragen gegangen. Doch nun mehren sich die Anzeichen, dass eben auch inhaltliche Fragen der Verfahren besprochen wurden.
Infantino wollte sich der Bundesanwaltschaft «erklären»
Der «Tages-Anzeiger» zitiert am Montag aus einer E-Mail, das Infantino am 12. April 2016 an seinen Jugendfreund (unterdessen Walliser Oberstaatsanwalt) Rinaldo Arnold schrieb: «Ich werde versuchen, es der Bundesanwaltschaft zu erklären, da es ja auch in meinem Interesse ist, dass alles so schnell wie möglich geklärt wird, dass klar gesagt wird, dass ich damit nichts zu tun habe.»
Womit Infantino nichts zu tun haben wollte, war ein undurchsichtiger TV-Rechte-Deal, den der damals frisch gewählte Fifa-Boss noch zu seiner Zeit als Chefjurist des europäischen Fussballverbands Uefa unterzeichnet hatte. Als das im Februar 2016 publik wurde, begann die BA zu ermitteln.
Ob Infantino erfolgreich war mit seinem Versuch, sich reinzuwaschen, ist unklar. Klar aber ist: Im November 2017, wenige Monate nach den dritten Geheimtreffen, wurde das Uefa-Verfahren eingestellt.
Enger Kontakt zwischen Ermittlern und Fifa
Doch nicht nur auf höchster Ebene tauschten sich der Weltfussballverband und die obersten Strafverfolger des Bundes rege aus. Dokumente, die dem «Tages-Anzeiger» vorliegen, zeigen auch, dass BA-Ermittler und Fifa-Anwälte fast täglich Absprachen trafen. Bei den Daten handelt es sich um eine Zusammenstellung der Arbeiten, die eine grosse Zürcher Anwaltskanzlei der Fifa verrechnet hat im Zusammenhang mit den BA-Verfahren.
Demnach telefonierten die fallführenden Staatsanwälte des Bundes allein zwischen Juli und September 2016 mehr als 20-mal mit den Zürcher Fifa-Anwälten. Die Gespräche drehten sich auch um das gerade gescheiterte Sommermärchen-Verfahren im Umfeld der WM 2006. Unter anderem soll die BA die Fifa-Anwälte dabei unterstützt haben, Anträge auf eine Zulassung als Privatklägerin so zu begründen, dass die BA das annehmen konnte.
Parlament könnte handeln
Angesichts dieser neuen Entwicklungen dürfte der Druck auf Lauber weiter zunehmen. Wie BLICK berichtete, könnte Mitte Mai in der Gerichtskommssion des Parlaments ein Amtsenthebungsverfahren beantragt werden. Die Chancen darauf dürften mit den neusten Enthüllungen gestiegen sein. (sf)