Der Kampf für die Begrenzungs-Initiative treibt seltsame Blüten. Zwei Wochen vor dem Urnengang werden die Schweizer Haushalte mit Flugblättern geflutet, auf denen Zeitungsausrisse über die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zu sehen sind. Dazu die Parole: «Jetzt Arbeitsplätze für Einheimische schützen!»
Einer Musikerin, die für ihre harmonischen Songs und ihre wohlklingende Stimme bekannt ist, entlockt die Kampagne ganz ungewohnte Töne. Die Zürcher Singer-Songwriterin Lea Lu (36) ist aufgebracht. Von einer «Persönlichkeitsverletzung» und schlechtem Stil redet sie. Die Sache ist längst zu einem gehässigen Streit ausgeartet.
Stein des Anstosses: Auf einem der Zeitungsausrisse ist eindeutig die Sängerin zu erkennen – mit ihrem Namen. Es ist der Ausschnitt aus einem Artikel in der «Aargauer Zeitung» über die Nöte von Musikern.
«Für politischen Zweck missbraucht»
Doch Lea Lu ist entschiedene Gegnerin der Initiative. «Ich werde Nein stimmen», betont sie. «Mein Gesicht und mein Name wurden ohne Rückfrage für einen politischen Zweck missbraucht. Ich behalte mir eine Anzeige wegen Persönlichkeitsverletzung vor», fügt sie an.
Lu und ihr Berater meldeten sich am Freitag bei der Parteizentrale. Ihre Forderung: Entschuldigung und öffentliche Richtigstellung. Doch die SVP zeigte sich dazu nicht bereit – im Gegenteil. Man wisse nicht, wer hinter der Aktion stehe, liess man verlauten. Die Partei habe nichts damit zu tun. Stattdessen wurde seitens der SVP mit juristischen Konsequenzen gedroht.
Auch SVP-Nationalrätin und Co-Kampagnenleiterin Esther Friedli (43) sagt auf Anfrage: «Ich weiss nicht, woher dieser Flyer stammt. Vom offiziellen Komitee stammt er nicht. Wir können uns nicht für etwas entschuldigen, von dem wir nicht die Urheber sind.»
Wenig über Urheberschaft bekannt
Als Absender zeichnet ein Komitee namens «Arbeitsplätze für Einheimische schützen!» mit Zürcher Postfach. Mehr wird über die Urheberschaft nicht preisgegeben.
Auffällig ist, dass bei Ansinnen aus SVP-Kreisen jeweils unterschiedliche Komitees mit minimaler Transparenz aktiv sind. Soll das im juristischen Ernstfall vor Konsequenzen schützen? Viele erinnern sich noch an die Verurteilung des SVP-Generalsekretärs wegen Rassendiskriminierung. Damals, 2017, ging es um ein Plakat mit dem Slogan «Kosovaren schlitzen Schweizer auf» .
SVP-Nationalrätin begrüsst Unterstützung
Friedli sagt: «Es freut mich zu sehen, dass sich auch Leute ausserhalb der Partei dafür einsetzen, dass die masslose Zuwanderung in unser Land endlich gestoppt wird. Jede Unterstützung ist willkommen.»
Bei der aktuellen Vorlage können Interessierte, die dem offiziellen Ja-Komitee beitreten wollen, jedenfalls zwischen fünf Komitees unterscheiden.
Lea Lu will sich auf ihre Art gegen den «unverschämten Akt» wehren: Sie ruft Künstlerinnen und Künstler in der Schweiz auf, den Flyer umzugestalten und an den Verband Kreativwirtschaft Schweiz (VKWS) zu senden. Die Werke sollen an einer Vernissage im Zürcher Helsinki Klub gezeigt werden. Die Aktion läuft unter dem Hashtag #dontmesswithartists («Lege dich nicht mit Künstlern an»).