Eklat im Grossratssaal! Eine Sitzung des Waadtländer Kantonsparlaments musste am Dienstag abgebrochen werden, weil eine linke Grossrätin einen FDP-Kollegen am Mikrofon der sexuellen Belästigung beschuldigt hatte.
Die ohnehin schon angespannte Debatte drehte sich um die ehemaligen Besetzer des Mormont-Hügels. Umweltaktivisten hatten im März 2021 gegen die Erweiterung eines Steinbruchs des Baustoffkonzerns Holcim in Eclépens protestiert und das Gelände besetzt.
Betroffener forderte Entschuldigung
Als Elodie Lopez (29), Co-Präsidentin der Gruppe Ensemble à Gauche – POP das Wort ergriff, kritisierte sie FDP-Grossrat Jean-Luc Bezençon (69) und warf ihm vor, selbst nicht vorbildlich zu sein. Sie sprach von unangemessenem Verhalten mit Andeutungen von «sexueller Belästigung».
Der Betroffene reagierte sofort und sprach von einem «Skandal» und «Verleumdung». Er sei in seiner Würde verletzt worden. Bezençon forderte eine Entschuldigung, andernfalls sehe er sich gezwungen, Strafanzeige zu erstatten. Mehrere seiner Kollegen waren ebenso empört, sprachen von einem «unbegründeten Angriff» und forderten ebenfalls eine Entschuldigung.
Lopez entschuldigte sich nicht. Die Sitzung wurde zunächst für fast eine Stunde unterbrochen und dann abgebrochen, als die meisten rechten Abgeordneten den Saal verliessen.
Lopez schweigt
Elodie Lopez hat eine Anfrage von Blick nicht beantwortet, ebenso Jean-Luc Bezençon. Vincent Keller, der mit Lopez die Gruppe Ensemble à Gauche – POP präsidiert, teilte mit, Lopez werde sich «über einen von ihr gewählten Kanal» äussern, wenn sich die Gemüter beruhigt hätten.
Er stehe voll und ganz hinter Lopez, so Keller zu Blick. Es habe von beiden Seiten Beschimpfungen gegeben und Lopez habe sich «unter Druck gesetzt» gefühlt. Auf die Frage, ob sie wirklich Bezençon der sexuellen Belästigung beschuldigen wollte, sagte Keller: «Ich berufe mich auf mein Recht zu schweigen.»
Florence Bettschart-Narbel, Präsidentin der FDP Waadt, sagt, Elodie Lopez habe nach ihrem Verständnis Jean-Luc Bezençon zwar nicht direkt der sexuellen Belästigung beschuldigt. Aber man erwarte, dass sie den Verdacht, den sie gegen ihn erhoben hatte, klar ausräumt. (SDA/jua/lha)