Umweltbewusste Atombefürworterin
«Das Klimaproblem kann man nur mit Kernenergie lösen»

Die Abstimmung um den Atomausstieg könnte knapp ausgehen. Momentan führen die Atomgegner, besonders Frauen wollen Kernkraftwerke vom Netz genommen sehen. Nicht aber Irene Aegerter: Die 76-jährige Physikerin ist bekennende Atombefürworterin – und trotzdem umweltbewusst.
Publiziert: 20.11.2016 um 15:36 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:38 Uhr
Simon Huwiler

Den Atomkraftwerken könnte bald der Stecker gezogen werden, sollte die Atomausstiegs-Initiative angenommen werden. Noch sind die Befürworter der Initiative leicht im Vorsprung, wie verschiedene Umfragen zeigen. Besonders Frauen scheinen sich von den Atomkraftwerken verabschieden zu wollen (BLICK berichtete), 56 Prozent der Wählerinnen sagen Ja zur Initiative.

Doch das wollen sich Atombefürworterinnen nicht gefallen lassen, der Gegenangriff ist eingeleitet. Am Montag wird ein Inserat der CVP-Frauen in einer grossen Tageszeitung zu einem Nein aufrufen.

Auch aus der Wissenschaft bekommen die Initiativgegner weibliche Unterstützung. Irene Aegerter, pensionierte Physikerin, kämpft seit Jahren für die friedliche Nutzung der Atomenergie. Dazu reist sie durchs Land, nimmt an Podien und Streitgesprächen teil und verkündet ihre Botschaft der friedlichen Atomenergie. Die Jeanne d’Arc der Atombefürworter ist überzeugt, dass die Atomenergie nicht ausgedient hat. Sie habe gar eine grosse Zukunft vor sich. «Unsere Welt braucht CO2-freien Strom», so die Präsidentin von Energiesuisse, einem Netzwerk für gesicherte Energieversorgung.

Energie speichern – aber wie?

Dabei ist der 76-Jährigen die Umwelt keinesfalls egal, in ihr schlägt ein grünes Herz, wie sie selbst sagt. «Wir haben unser Haus  nach Minergie-Standard gebaut, ohne dafür einen Franken Subventionen zu erhalten.»

Für Aegerter sind Umweltschutz und Atomenergie kein Widerspruch, im Gegenteil. «Mit alternativen Energien können wir den Strombedarf zurzeit nicht decken. Wir müssen dreckigen Kohlestrom importieren oder selbst Gaskraftwerke bauen. Das tut mir weh.»

Im Sommer produzieren Solarpanels Strom auf Hochtouren. Doch wenn sich die Sonne im Winter tagelang hinter dem Nebel versteckt, die Tage kürzer werden und die Heizungen heisslaufen, kann der Strom knapp werden. «Erst wenn wir Energie wirklich speichern können, können wir auf alternative Energien setzen.» Zurzeit sei aber die Schweiz mit ihren Pumpspeicherkraftwerken noch weit davon entfernt.

Fukushima in Mühleberg

Die Angst des Initiativkomitees vor der atomaren Katastrophe teilt sie nicht. Sicherheit – das ist ihr Thema, da schlägt ihr Herz höher. «Dieses Sicherheitsdenken fasziniert mich an der Kernenergie. Alles muss redundant vorhanden sein, jeder erdenkliche Zwischenfall wird abgedeckt», so Aegerter.

Dass ein GAU wie in Fukushima auch in Mühleberg geschehen könnte, glaubt sie nicht. Das japanische AKW sei nicht nachgerüstet worden. «Hätte Mühleberg in Fukushima gestanden, wäre dies nicht passiert.» Das habe auch der Stresstest gezeigt, welchem AKW in aller Welt nach der Reaktorkatastrophe in Japan ausgesetzt wurden. Ergebnis: Schweizer AKW entsprechen den höchsten Standards.

Aber auch für Aegerter steht fest: Die Sicherheit kommt an erster Stelle. «Wenn man nicht in Sicherheit investieren will, soll man es besser lassen.»

Am 27. November wird sich zeigen, ob die Kühltürme weiter dampfen dürfen. Falls die Stimmbürger der grünen Initiative die rote Karte zeigen, wird die Kernenergie irgendwann zurückkommen, davon ist Aegerter überzeugt. So lange kämpft sie weiter, denn ihre Überzeugung ist klar: «Das Klimaproblem kann man nur mit Kernenergie lösen.»

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