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Einbürgerungs-Irrsinn in Arth
SP-Wermuth und SVP-Glarner für einmal einig

Der Einbürgerungs-Irrsinn in Arth SZ sorgt bei SP-Nationalrat Cédric Wermuth wie auch bei SVP-Nationalrat Andreas Glarner für Kopfschütteln. Doch bei der Protokollpflicht für Einbürgerungsgespräche geht der Streit gleich wieder los.
Publiziert: 28.01.2020 um 15:42 Uhr
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SP-Nationalrat Cédric Wermuth findet den Fall Arth «hanebüchen».
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Ruedi Studer

SP-Nationalrat Cédric Wermuth (33) und SVP-Nationalrat Andreas Glarner (57) in trauter Minne? Dieses Bild ist kaum vorstellbar. Doch im Einbürgerungsfall von Arth SZ, bei dem einem Italiener die Einbürgerung verweigert wurde, sind sich die beiden Aargauer für einmal einig.

Arth hatte dem Italiener den roten Pass vorenthalten, weil er unter anderem eine Detailfrage zum Tierpark Goldau nicht beantworten konnte: Die Behörden wollten wissen, ob Bären und Wölfe im selben Gehege leben – das allerdings wusste der Mann nicht.

«Der Entscheid ist hanebüchen», so Wermuth. Und Glarner meint: «Der Fall ist für die Gemeinde kein Ruhmesblatt, ja peinlich. Man muss doch niemanden mit solch dummen Fragen plagen.» Als Gemeindepräsident habe er seinen Gemeinderatskollegen stets eine Vorgabe gemacht: «Stellt nur Fragen zur Geografie oder Kultur, die ihr auch selber beantworten könnt!»

Knatsch wegen Protokollpflicht

Doch damit endet die Einigkeit in Sachen Einbürgerungspolitik bereits. Der letzte Knatsch zwischen Wermuth und Glarner ist erst wenige Tage her: Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrats hat sich für die Einführung der Protokollpflicht im Einbürgerungsverfahren ausgesprochen. Künftig sollen alle Einbürgerungsgespräche auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene standardmässig protokolliert werden, forderte Wermuth in einem Vorstoss. Den Kandidaten soll das entsprechende Protokoll zudem zugestellt werden. Und es darf nur mit ihrer Zustimmung veröffentlich werden.

Der Vorstoss kam durch – wenn auch äusserst knapp mit 11 zu 10 Stimmen bei drei Enthaltungen. Vor allem die SVP- und CVP-Vertreter hatten sich dagegen gestemmt, darunter auch Glarner.

SVP-Glarner: «Behörden werden eingeschüchtert»

«Eine umfassende Protokollpflicht bedeutet einen massiven bürokratischen Aufwand für Milizpolitiker, die in ihrer Freizeit Einbürgerungswillige auf Herz und Nieren prüfen», wettert er. Diese nun zu einer Protokollpflicht zu verknurren, bringe gar nichts.

Die Gemeinden sollten weiterhin selber entscheiden, wie weit sie gehen wollten. «Eine summarische Protokollierung reicht», so Glarner. «Sonst geht es doch nur darum, das Haar in der Suppe zu finden, um die Behörden an den Pranger zu stellen.» Damit versuche man, die Behörden einzuschüchtern, damit diese möglichst viele Einbürgerungsgesuche durchwinken.

Und er moniert: «Dann können wir den Schweizer Pass gleich jedem abgeben, der über die Grenze kommt.»

SP-Wermuth: «Schweizweiter Flickenteppich»

Wermuth kann über diese Argumentation nur den Kopf schütteln. «Jeder hat ein Recht darauf, dass behördliches Handeln sauber und fair protokolliert wird, damit man im Streitfall darauf zurückgreifen kann», sagt der SP-Nationalrat.

Das heutige System sei lückenhaft und führe immer wieder zu Auslegungsproblemen. «Wir haben einen schweizweiten Flickenteppich», kritisiert Wermuth. So seien ihm Fälle bekannt, wo Betroffene etwa zu ihrer Einstellung zur Armee befragt wurden. «Solche Gesinnungsfragen sind nicht zulässig!»

Ihm gehe es aber nicht nur um den Schutz der Einbürgerungswilligen, sondern ebenso um den Schutz der Behördenmitglieder. «Nach einem ablehnenden Entscheid werden immer wieder auch Vorwürfe gegenüber Behörden laut, diese hätten rassistisch, willkürlich oder aus Rache entschieden. Mit einem korrekten Protokoll – besonders auch mit Tonaufnahmen – lassen sich solche Vorwürfe ausräumen.»

«Gewisse Feindseligkeit» in Arth?

Das zeigt auch der Fall Arth: Der Italiener hatte erklärt, ihm gegenüber habe im Einbürgerungsgespräch eine «gewisse Feindseligkeit» geherrscht. Zumindest aufgrund der Tonaufnahmen habe dies aber nicht glaubhaft belegt werden können, nimmt das Bundesgericht die Gemeinde in Schutz.

Wermuths Vorstoss hat eine erste Hürde geschafft. Doch nun ist die ständerätliche Schwesterkommission am Zug. Der SP-Mann ist zuversichtlich, dass sein Vorschlag auch diese Hürde nimmt. «Insbesondere FDP und CVP haben für rechtsstaatliche Anliegen immer wieder ein offenes Ohr. Ich hoffe, das ist auch diesmal der Fall.»

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