Mitte November schien die Welt in bilateraler Ordnung. Bundespräsidentin Doris Leuthard (54) und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (63) demonstrierten in Bern innige Freundschaft. Die Krise, die die Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative ausgelöst hatte, sei überstanden, teilten beide mit.
Tempi passati. Seit Donnerstag wird wieder mit dem Säbel gerasselt. Nachdem die EU entschieden hat, die Schweizer Börse nur für ein Jahr als Handelsplatz für EU-Investoren zuzulassen, kündigte Leuthard gestern an, der Bundesrat wolle die Zahlung der Ostmilliarde nochmals überdenken. Mitte November hatte die Bundespräsidentin Juncker signalisiert, die Schweiz werde den osteuropäischen EU-Staaten auch in den kommenden Jahren 1,3 Milliarden Franken zukommen lassen.
Ein BLICK-Artikel sorgte für Unmut
Was hat diese Kehrtwende ausgelöst? Wie der «Tages-Anzeiger» schreibt, war es BLICK. Oder besser gesagt eine Aussage, die Bundesratssprecher André Simonazzi (49) in einem Online-Artikel auf Blick.ch gemacht hatte.
Juncker habe bei seinem Besuch am 23. November in Bern nämlich gesagt, dass das institutionelle Rahmenabkommen, über das Bern und Brüssel seit Jahren verhandeln, bereits im Frühling 2018 unter Dach und Fach sein solle. Darauf habe man sich verständigt.
Doch diesen Termin relativierte Simonazzi am Tag danach. «Den Termin vom Frühjahr hat Herr Juncker vorgegeben», sagte er zu BLICK. Ein Rahmenabkommen ist zwar das Ziel der Schweizer Regierung. Der Bundesrat halte aber an seiner Politik «Inhalt vor Tempo» fest, so Simonazzi weiter.
Brüssel hält Bern für unwillig
In Brüssel kam das nicht gut an. Man interpretierte Simonazzis Aussage als Ausdruck des Berner Unwillens, das Abkommen ernsthaft zu verhandeln. Und entschied, Druck aufzusetzen. Denn der, das hat Brüssel nicht zuletzt nach Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative erfahren, wirkt immer.
Was man nun aber auch weiss: In Brüssel wird BLICK gelesen. Daher hätte Juncker aber eigentlich auch wissen können, wie schlecht das Rahmenabkommen, auf das er so drängt, in der Schweiz ankommt.