Zunächst herrschte Heiterkeit. Luzi Stamm (66), Law-and-Order-Politiker aus dem Aargau, kauft Kokain! Und bringt es ins Bundeshaus. Dazu eine Million Falschgeld. Dann wurden seine Erklärungen wirrer und wirrer. Das Gelächter verstummte.
Seit letzter Woche erlebt die Öffentlichkeit die Selbstdemontage eines landesweit bekannten Politikers. Einst hatte der Jurist als Präsident des Badener Bezirksgerichts den Dreifachmörder Alfredo Lardelli (1956–2015) verurteilt. Als Politiker war Stamm immer unkonventionell. Nachdem er 2001 von der FDP zur SVP übertrat, verschrieb er sich dem Kampf gegen EU und Asylmissbrauch.
Nun sorgen seine Parteifreunde für unschöne Nebengeräusche. Stamm sei «verwirrt», sagte der Aargauer Nationalrat Andreas Glarner (56) bei Nau.ch. Stamm sei ein Fall für die Kesb, twitterte der Zürcher SVP-Kantonsrat Claudio Schmid (48).
Ob es Seitenhiebe oder Dolchstösse sind, ist Ansichtssache. Für die SVP wirken Stamms Eskapaden im Wahljahr jedenfalls als Belastung.
Bleibt die Frage: Wie lange weiss die Partei von Stamms Verhalten? Was hat die SVP-Spitze unternommen? Es habe durchaus Gespräche mit Stamm gegeben, wird versichert, auch mit seiner Frau.
Einzig ein Ausschluss ist denkbar
Des Amtes entheben kann die Partei einen gewählten Parlamentarier nicht. Einzig der Ausschluss aus Gremien ist denkbar. In der Fraktion ist Stamm nach wie vor der aussenpolitische Leader in der Kommission. In der Geschäftsprüfungskommission (GPK) hingegen handelte man bereits früher, wie jetzt bekannt wird: Am 30. November 2017 wurde Stamm als Präsident der für das Justizdepartement zuständigen GPK-Subkommission abgesetzt.
Wie Recherchen zeigen, hatten sich Mitglieder der Parlamentsdienste im Vorfeld über die Zusammenarbeit mit Stamm beklagt. «Ich erbat mir 24 Stunden Bedenkzeit und kam zum Schluss, dass mir das gerade recht kommt», sagt er dazu im Interview mit SonntagsBlick.
Heute ist der Aargauer nur noch einfaches GPK-Mitglied. Nach wie vor landen vertrauliche Informationen auf seinem Pult. Dazu GPK-Präsidentin Doris Fiala (FDP, 62): «Es ist zwar auch für die GPK eine nicht komfortable Situation, wenn solche unverständlichen Handlungen stattfinden, aber Handlungsbedarf hätte primär die SVP.»
Nimmt nicht an Frühjahrssession teil
Seine Absetzung als Präsident der GPK-Subkommission belegt, dass Stamms problematisches Verhalten intern bereits länger als ein Jahr bekannt sein muss.
SVP-Chef Albert Rösti (51): «Die Parteileitung der SVP Schweiz verfolgt die Geschehnisse genau. Ich bin in Kontakt mit Luzi Stamm, den ich persönlich sehr schätze.»
Auch die Aargauer SVP hat hinter den Kulissen das Gespräch mit ihrem Nationalratsmitglied gesucht – laut Informationen von SonntagsBlick hat ihn die Parteileitung erfolgreich dazu bewegt, nächste Woche nicht an der Session teilzunehmen.
Stamm brauche Zeit, um sich zu erholen, heisst es. Nun wird er in der laufenden Session Bundesbern vorerst fernbleiben. Gleichzeitig kursieren Szenarien, was zu geschehen hätte, wenn Stamm danach weitermachen würde. Für diesen Fall wird intern tatsächlich darüber nachgedacht, eine Gefährdungsmeldung bei der Kesb einzureichen.
Der Fall von Luzi Stamm ist nicht das einzige Problem der Aargauer SVP. Regierungsrätin Franziska Roth (54, Bild) werden häufige Personalwechsel und eine Kultur des Misstrauens vorgeworfen. Diese Woche gingen die anderen Parteien auf Distanz zur Gesundheitsdirektorin. Auch bei der SVP brennt es lichterloh. Gestern liess Roth ein geplantes Treffen mit der Parteispitze platzen. Nächste Woche will die SVP über das weitere Vorgehen in der Causa Roth entscheiden. Es sei gut möglich, dass die Partei ihre Exekutivfrau fallen lassen werde, heisst es.
Der Fall von Luzi Stamm ist nicht das einzige Problem der Aargauer SVP. Regierungsrätin Franziska Roth (54, Bild) werden häufige Personalwechsel und eine Kultur des Misstrauens vorgeworfen. Diese Woche gingen die anderen Parteien auf Distanz zur Gesundheitsdirektorin. Auch bei der SVP brennt es lichterloh. Gestern liess Roth ein geplantes Treffen mit der Parteispitze platzen. Nächste Woche will die SVP über das weitere Vorgehen in der Causa Roth entscheiden. Es sei gut möglich, dass die Partei ihre Exekutivfrau fallen lassen werde, heisst es.