Der Bundesrat hat es am Freitag unterlassen, das bis zum 15. März 2020 geltende Verbot von Veranstaltungen mit über 1000 Personen zu verlängern.
Dabei hat sich seit dem Bundesratsbeschluss, Grossveranstaltungen bis Mitte März zu untersagen, die Corona-Krise in keinster Weise entschärft, sondern weiter zugespitzt. Veranstaltern von später angesetzten Grossanlässen käme es deshalb entgegen, wenn die Landesregierung Klarheit schaffte, wie es in den Wochen danach weitergehen soll.
Denn Bundesratsentscheid hin oder her: Die Firmen, Vereine und Organisationen müssen sich auf das weitaus Wahrscheinlichste vorbereiten. So rechnet beispielsweise die SP nicht mehr damit, ihren Parteitag am Wochenende vom 4. und 5. April 2020 in Basel durchzuführen.
Levrat bietet Hand zu einer Lösung
Am Anlass, an dem die Nachfolge für den abtretenden Präsidenten Christian Levrat (49) bestimmt worden wäre, würden klar über 1000 Personen teilnehmen. Am Wahrscheinlichsten ist es, dass die SP den Parteitag auf den Herbst verschiebt. Levrat und die Vizepräsidenten haben bereits vorsorglich zugesagt, länger im Amt zu bleiben, wie die Parteizentrale bestätigt.
Die Verschiebung auf den Herbst ist jedoch nur eine von vier Varianten, die derzeit in der SP zur Diskussion stehen. Interessant ist die zweite Variante: Die Durchführung einer brieflichen Urwahl bei allen 31'435 Parteimitgliedern. Drittens: Eine briefliche Urwahl nur bei den rund 1300 stimmberechtigten Parteitagsdelegierten. Und viertens: Die Aufsplittung des Parteitags in eine Versammlung in der Romandie und eine in der Deutschschweiz. Bei der letzten Variante soll die Personenzahl je Teil-Parteitag unter 1000 sinken.
Für den Basler Parteitag haben sich etwa 1200 Personen angemeldet – 950 Parteitagsdelegierte und 250 Gäste. Dazu wären Medienschaffende sowie die Mitarbeitende der SP und des Veranstalters gekommen. Selbst wenn der Bundesrat wider Erwarten von einer Verlängerung des Verbots von Grossveranstaltungen absähe, könnte es die Leitung der Partei von Gesundheitsminister Alain Berset (47) kaum verantworten, derzeit so viele Leute in einem Raum zu versammeln.
Urwahl schadete Meyer/Wermuth
Auch wenn es nicht wenige Anhänger einer Urwahl des neuen SP-Präsidiums gibt, bewegte sich die Partei mit Blick auf ihre Statuten dabei auf dünnem Eis. Das sagt auch Sprecher Nicolas Haesler. Diese Ansicht kommt vor allem dem Nationalratsduo Mattea Meyer (32, ZH) und Cédric Wermuth (34, AG) entgegen. Die beiden kandidieren gemeinsam für die Nachfolge Levrats.
Da die über 30'000 Parteimitglieder insgesamt viel weniger links stehen als ihre Parteitagsdelegierten, hätte das reine Deutschschweizerduo bei einer Urwahl schlechtere Karten. Hingegen käme das dem weniger links stehenden Nationalratsduo mit der Zürcherin Priska Seiler Graf (51) und dem Romand Mathias Reynard (32, VS) entgegen.
Auch SVP-DV wird wohl vertagt
Ebenfalls in Basel will noch vor der SP die SVP ihre Delegiertenversammlung abhalten. Sie plant, am 28. März den Nachfolger für den abtretenden Parteichef Albert Rösti (52) zu bestimmen. Wie der SonntagsBlick berichtet hatte, sollte auch der Berner Rösti länger im Amt bleiben, falls die SVP-Delegiertenversammlung verschoben werden muss. Allerdings rechne man bei der SVP-DV nur mit 500 bis 700 Teilnehmern.
Während die SP noch gar kein Gesuch eingereicht habe für den Basler Parteitag, gibt die SVP laut Watson.ch an, dies gemacht zu haben. Laut dem Portal soll aber auch für die SVP-Delegiertenversammlung das Gesuch noch nicht vorliegen. Allenfalls sei es aber bloss an eine falsche Stelle geraten, heisst es aus Basel-Stadt.
Am Mittwoch hatte Rösti aber gegenüber dem Online-Portal Nau.ch erklärt, keine Lust zu haben, länger im Amt zu bleiben: «Mein Rücktritt per Ende März ist fix.» Die Umstände, die zu seinem Rückzug von der Parteispitze geführt hatten, scheinen Rösti nicht zu veranlassen, sich länger als dringend nötig für die SVP aufzuopfern.
Bei einer Verschiebung, die trotz der geringeren Teilnehmerzahl auch bei der SVP recht wahrscheinlich ist, würde jemand aus dem Vizepräsidium interimsweise die Parteiführung übernehmen – allenfalls Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (50).
Corona-Folgen trotz Mundschutz
Martullo böte sich an, weil sie ja ohnehin einen guten Draht zu (Partei-)Übervater Christoph Blocher (79) hat. Dann hätte Martullo, trotz ihres Mundschutzes, den sie auch im Bundeshaus trägt, erste Folgen der Corona-Krise zu tragen.