Editorial über Albert Rösti
Ein wohltuend langweiliger Bundesrat

Fernab vom Getöse seiner SVP-Kollegen mausert sich der Berner Oberländer still und leise zum starken Mann in der Landesregierung.
Publiziert: 09.07.2023 um 09:53 Uhr
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Deal geglückt: Bundesrat Albert Rösti unterzeichnet mit dem italienischen Minister für Umwelt und Energiesicherheit, Gilberto Pichetto Fratin, eine Vereinbarung.
Foto: ZVG/UVEK
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Am Donnerstag erschien eine dieser Medienmitteilungen in sprödem Beamtendeutsch, wie sie vielfach aus den Tiefen der Bundesverwaltung versendet werden: «Bundesrat Rösti unterzeichnet in Rom Vereinbarungen für Verkehr und Energie.»

Solche Zeilen sind ohne Storytelling-Tricks verfasst, mit Teletext-Charme auf die Botschaft reduziert, pure Netto-Information: sehr langweilig – und gerade deshalb wohltuend.

Albert Rösti fällt seit seinem Amtsantritt zu Jahresbeginn nicht mit Brimborium auf, es gab keine Bilanz-Show zu seinen ersten hundert Tagen als Uvek-Chef, keine grosse Inszenierung an der Departementsspitze. Stattdessen arbeitet sich der Berner Oberländer still und leise durch seine Infrastruktur-Dossiers und ordnet die Dinge neu; in seinen Bundesämtern gibt er, wenn nötig, den Tarif durch. Dass er in Italien soeben einen wichtigen Gas-Deal an Land gezogen hat und dies nur mit einem trockenen Communiqué vermelden lässt, ist typisch. Hinter den Kulissen gestaltet Rösti den Solarausbau in den Alpen mit, packt das heisse Eisen Schienen- und Strassenverkehr an und nimmt sich mit Umsicht der Medienpolitik an, die er vor seiner Magistratenzeit als Komiteemitglied der SRG-Halbierungs-Initiative mit klarer Kante betrieben hatte.

Im Parlament galt Rösti als begnadeter Netzwerker über alle Parteigrenzen hinweg, was ihm den Durchmarsch in die Regierung ermöglichte. Auch als Departementsvorsteher beherrscht er das geschmeidige Agieren zwischen divergierenden Kräften – bestes Beispiel ist seine wohldosierte Zurückhaltung beim Klimaschutzgesetz. Seine SVP war dagegen, die Regierung dafür. Ein Spagat, den er ohne Blessuren meisterte.

Fernab vom allgemeinen Getöse arbeitet sich Rösti – von links einst als «Ölbert» oder «Alfred E. Neumann» verspottet – unauffällig zum Macher im Bundesrat vor. Die viel beschworene Vormachtstellung der freisinnigen Finanzministerin Karin Keller-Sutter scheint durch den aufstrebenden Sonnenkönig aus dem Kandertal ernsthaft gefährdet.

Vor seiner Wahl nannte er Dölf Ogi als Vorbild. Behält Albert Rösti diese Bodenhaftung bei, hat er beste Chancen, in die Fussstapfen des beliebten alt Bundesrats zu treten. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte er aber nicht nur fleissig bleiben, sondern auch weiterhin so wohltuend langweilig.

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