Economiesuisse fordert 200-Franken-Billag-Gebühr
Wirtschaft lässt Leuthard fallen

Wenn es um die SRG und die Billag ging, konnte Doris Leuthard stets auf die Unterstützung der Wirtschaft zählen. Jetzt ist damit wohl Schluss.
Publiziert: 10.09.2017 um 00:12 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 10:25 Uhr
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Will bei rund 400 Franken SRG-Gebühr bleiben: Bundespräsidentin Doris Leuthard.
Foto: Keystone
Marcel Odermatt

Auf Economiesuisse war für Doris Leuthard (54) in letzter Zeit stets Verlass: Bei der Revision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) 2015 gehörte die Organisation lange zu den Kritikern.

Im Abstimmungskampf kam dann die Kehrtwende: Der Wirtschaftsdachverband gab die Ja-Parole heraus, sehr zur Freude der Medienministerin, die damals um jede Stimme kämpfte – und schliesslich knapp siegte.

Einen noch grösseren Gefallen tat Economiesuisse der CVP-Bundesrätin in diesem Frühling: Trotz grosser Vorbehalte gegenüber Leuthards Entwurf zur Energiestrategie 2050 gab Economiesuisse keine Parole heraus. So ging die Christdemokratin auch bei diesem Urnengang als Siegerin vom Platz.

Jetzt aber scheint der Schmusekurs an seinem Ende angelangt. Nächste Woche diskutiert der Nationalrat die No-Billag-Initiative. Die fordert, die Radio- und TV-Gebühren abzuschaffen. Für Leuthard ist das so indiskutabel wie der Gegen­vorschlag, der die Gebühren auf 200 Franken halbieren will.

Frontal-Angriff auf die SRG

Doch genau für diese Radikalkur setzt sich der Verband nun ein. Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer (58) attackiert damit die SRG frontal.

In einer Information an bürgerliche Nationalräte, die SonntagsBlick vorliegt, heisst es, man müsse «eine Fokussierung» des Senders auf seinen «Kernauftrag erzwingen». Eine ­öffentlich-rechtliche Dominanz der SRG sei nicht länger legitim.

Weiter fordert der Brief, dass über Zwangsabgaben nur noch jene Leistungen des medialen Service public gefördert werden sollen, die von privaten Marktteilnehmern ohne staatliche Eingriffe nicht erbracht würden.

200 Franken Gebühren halten Karrer und seine Leute für genug, um «demokratiepolitisch wichtige Leistungen» anzubieten, die von privatwirtschaftlich organisierten Sendern nicht ausreichend zur Verfügung gestellt werden.

Economiesuisse auf SVP-Kurs

Das ist eine me­dienpolitische Sensation: Mit diesem Papier begibt sich Economiesuisse auf SVP-Kurs. Die Rechtspartei hatte beschlossen, den 200-Franken-Gegenvorschlag zu unterstützen.

SVP-Nationalrat Gregor Rutz (44, ZH) begrüsst, dass es die Wirtschaft wieder wage, sich mit Leuthard anzulegen: «Beide Extremvarianten – Zementierung des Status quo wie auch die Extremvariante No-Billag mit einer totalen Privatisierung, sind nicht ideal.»

Aus diesem Grund habe er den Gegenvorschlag für eine Halbierung der Gebühren erarbeitet. «Wir zählen darauf, dass die Vorlage namentlich in der FDP- und CVP-Fraktion noch einmal seriös diskutiert wird.»

Am Donnerstag gilts ernst

Die Mehrheit der FDP will am Status quo festhalten und die SRG weiterhin durch rund 400 Franken aus jedem Schweizer Haushalt subventionieren. Wie flexibel FDP und CVP sind, zeigt sich am Donnerstag, wenn die No-Billag-Initiative in der grossen Kammer zur Debatte steht.

Trotz des Economiesuisse-Vorstosses wäre es eine Überraschung, wenn sich die Mitte-Parteien mit Leuthard und ihrer SRG anlegen würden. Im Abstimmungskampf dürfte es wieder zum Duell SVP gegen alle kommen. Bei einem Nein zum Gegenvorschlag könnten viele ihrer Parlamentarier Ja zur Initiative sagen.

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