Dass die SVP bei ihren Ausländer-Initiativen alleine auf weiter Flur kämpft, ist ein bekanntes Phänomen. Doch die Phalanx, die sich gegen die Wahlsiegerin und ihre Durchsetzungsinitiative gebildet hat, ist beeindruckend. Organisationen, Hilfswerke, Kirchen und Parteien wagen sich in die Schlacht.
Angeführt werden sie vom anderen Wahlsieger: Von der FDP und deren Präsidenten Philipp Müller. Der Aargauer Ständerat bezeichnet das SVP-Anliegen als «Anschlag auf die Schweiz». Neuerdings nehmen die Freisinnigen sogar viel Geld in die Hand, um die Initiative zu bodigen.
In ganzseitigen Inseraten werfen sie der SVP vor zu lügen: Der Pinocchio trägt das Logo der «Sünneli»-Partei auf der Brust. Diese Attacke hat bei den Initianten das Fass zum Überlaufen gebracht. «Die Nerven bei unseren Gegenspielern liegen offenbar blank, vor allem bei der FDP», sagt SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz.
Statt mit ihrer neuen Mehrheit in Nationalrat- und Bundesrat gemeinsam den Staat zu verkleinern, zerhacken sich die Rechtsparteien in diesen Tagen gegenseitig. In der SVP als stossend empfinden viele Parlamentarier die Vehemenz, mit der Müller Stimmung gegen die Initiative macht.
Sie weisen darauf hin, dass dieser ausgerechnet mit einem Anti-Ausländer-Anliegen, der «18-Prozent-Initiative», bekannt wurde. Fraktionschef Adrian Amstutz findet Müllers Engagement deshalb «besonders fragwürdig». Schliesslich sei er dank seinem Anliegen zur Begrenzung der Zuwanderung in den Nationalrat gewählt worden.
Ausserdem habe er mit seiner Fraktion im Parlament zuerst für die «Übernahme des Textes zur Umsetzung des Volksauftrags» gestimmt, den er heute als «Anschlag auf die Schweiz» (im BLICK) bezeichne. «Da soll noch einer drauskommen», wundert sich der Berner.
Müller reagiert genervt: «Solch persönliche Angriffe aus der untersten Schublade zeugen von Schwäche und Nervosität.» Von der SVP sei er sich aber «nichts anderes gewohnt», sagt er. Es sei nicht seine Absicht, «so zu politisieren, dass ich der SVP gefalle».
Zum Vorwurf, dass er jetzt etwas bekämpfe, was er vor kurzem noch befürwortete, sagt Müller, es sei «ein erheblicher Unterschied, ob etwas im Gesetz oder in der übergeordneten Verfassung steht».
Mit der Initiative würde die Rechtspartei nämlich die Verhältnismässigkeit aushebeln, so der Ständerat. Auf Gesetzesebene wäre der SVP-Vorschlag dagegen nicht problematisch. Deshalb habe er sich dafür eingesetzt.
Dass die beiden Parteigranden gereizt sind, erstaunt nicht. Denn die rechtsbürgerliche FDP hat bei rechten Wählern eine hohe Glaubwürdigkeit. Sieht die SVP ihre Felle davonschwimmen? Nein, sagt, Amstutz. «Die ganze Kampagne gegen uns ist mittlerweile dermassen übertrieben, dass sie lächerlich wirkt.»
Es sei «absurd», was die Gegner für Fälle «erfinden», in denen Ausländer wegen Bagatelldelikten ausgeschafft würden. Es gehe um «Verbrecher», nicht um «FDP-Märchengeschichten von armen Ahnungslosen und Bagatellen».
Der Zoff ist brisant, weil sie die Zusammenarbeit der Rechtsparteien erschweren könnte. Ist der Traum vom Schulterschluss zwischen SVP und FDP ausgeträumt? «Was die FDP im Moment abliefert, ist der künftigen Zusammenarbeit sicher nicht förderlich», sagt etwa ein «enttäuschter» Nationalrat Lukas Reimann, der in der nationalrätlichen Asylkommission sitzt.
«Nach den Wahlen haben wir wirklich gedacht, dass wir uns annähern.» Doch jetzt sollten die Freisinnigen besser gegen die Juso schiessen. «Deren Initiative ist im Gegensatz zu unserer wirklich gefährlich.»
Fraktionschef Amstutz will keine voreiligen Schlüsse ziehen. «Wir sind jederzeit gerne bereit, mit der FDP zusammenzuarbeiten, sobald 18-Prozent-Müller wieder zur Vernunft gekommen ist.»