Durchsetzungs-Initiative: Heute gilt es ernst
Die 7 grössten Aufreger im Abstimmungskampf

Schon bald schliessen die Urnen. Damit Sie im Breaking-News-Trubel den Überblick behalten, zeigt BLICK nochmals die wichtigsten Stationen der Durchsetzungs-Initiative bis zum heutigen Schicksalstag.
Publiziert: 28.02.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:26 Uhr
Was bringt die Durchsetzungsinitiative?
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Toni Brunner und Philipp Müller im Streitgespräch:Was bringt die Durchsetzungsinitiative?
Christof Vuille

Heute entscheidet die Schweiz mit der Durchsetzungs-Initiative, wie sie mit kriminellen Ausländern umgehen will. Der Abstimmungskampf war intensiv wie kaum einer zuvor.

Bevor die ersten Resultate aus den Kantonen eintrudeln, zeigt BLICK die sieben wichtigsten Momente des Abstimmungskampfs in chronologischer Reihenfolge.

Die Lancierung

Im Hochsommer 2012, keine zwei Jahre nach Annahme der Ausschaffungs-Initiative, begann die SVP mit der Unterschriftensammlung für ihre Durchsetzungs-Initiative. «Die Bundesbehörden verschleppen die Umsetzung dieser Verfassungsbestimmungen in nicht hinnehmbarer Art und Weise und mit fadenscheinigen Argumenten», so die Begründung der unzufriedenen SVP-Granden.

SVP-Exponenten und -Aktivisten reichen am 28. Dezember 2012 die «Durchsetzungsinitiative» bei der Bundeskanzlei ein (Archiv)
Foto: Keystone

Zum Nationalfeiertag erhielten alle Schweizer Haushalte Post von der finanzstarken Rechtspartei. «Wie bei der Gründung der Eidgenossenschaft gilt es auch heute, für den Volkswillen und damit die direkte Demokratie einzustehen und nicht nach der Pfeife fremder Richter zu tanzen», polterte es aus den Zentrale. Bereits vor Silvester reichten Parteichef Toni Brunner und co. 155'000 Unterschriften ein, die Initiative war zustandegkommen. Dabei hatte das Parlament noch nicht einmal begonnen, über die Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative zu beraten.

Hickhack im Parlament

So weit war es erst im Frühling 2014. Der Nationalrat war ein Jahr vor den Wahlen unter Druck. Und siehe da: Die bürgerliche Mehrheit, inklusive Grossteilen von FDP, CVP und BDP tanzte nach der Pfeife der SVP. Sie beschloss auf Antrag von FDP-Präsident Philipp Müller, die Ausschaffungs-Initiative eins zu eins gemäss dem Text der Durchsetzungs-Initiative auf Gesetzesebene umzusetzen.

Foto: KEY

Dies auch in der Hoffnung, dass die Rechtspartei ihr Ansinnen zurückziehen würde. Der Ständerat machte allerdings nicht mit und fügte eine Härtefallklausel ein, die kurz darauf auch die grosse Kammer schluckte. Damit war für die SVP klar: Die Durchsetzungs-Initiative kommt vors Volk.

Der schwungvolle SVP-Start

Bei den Parlamentswahlen im Oktober 2015 wurde die Rechtspartei zur stärksten Kraft seit Einführung des Proporzes und errang in der Folge einen zweiten Sitz in der Landesregierung. Aus dieser Position der Stärke begann sie ihre Abstimmungskampagne.

Foto: KEY

Die Lust auf einen Abwehrkampf schien erstmal gering. Der Arbeitgeberverband fassten nicht einmal eine Parole. Economiesuisse positionierte sich zwar gegen die DSI, wollte aber kein Geld in die Kampagne investieren. Die FDP hatte den politischen Lead gegen die SVP und war konsterniert.

Umfragen und Panik

Im November hatte Politologe Claude Longchamp eine erste Umfrage zur Abstimmung präsentiert. Das Resultat war klar: 66 Prozent der Bevölkerung beabsichtigten, ein Ja in die Urne zu legen, nur gerade 31 Prozent waren dagegen. «Ein Ja liegt aus heutiger Sicht in die Luft», erklärte die «Fliege» des Forschungsinstitus gfs.bern. Auch im Januar zeichnete sich noch ein Ja zur DSI ab.

Müller will die FDP-Basis noch auf Linie bringen.
Foto: KEY

FDP-Präsident Müller ging darauf in die Offensive, bezeichnete das Ansinnen im BLICK als «Anschlag auf die Schweiz». Ein NGO-Komitee um die Operation Libero wurde plötzlich öffentlich wahrgenommen. Und die Aktion «dringender Aufruf» rief zu Spenden aus der Bevölkerung auf.

Foto: KEY

Mit durchschlagendem Erfolg: Innert weniger Wochen kam über eine Million Franken zusammen.

Promi-Stimmen gegen die DSI

Im Monat vor dem heutigen Abstimmungssonntag waren die Gegner plötzlich mindestens so präsent wie die allein auf weiter Flur kämpfende Volkspartei. Nach und nach äusserten sich alt Bundesräte und zahlreiche Prominente wie etwa Carlos Leal lautstark gegen die Initiative.

Carlos Leal gestern am Set der TV-Krimiserie.
Foto: Philippe Rossier

In ihrem Kampf konnten die Gegner auch auf die Medien zählen, die sich neben der «Weltwoche» und der «Basler Zeitung» fast ausschliesslich gegen die Initiative aussprechen.

Landolts Nazi-Tweet

Tatsächlich lief es für das Nein-Lager rund. Die SVP sah sich in die Defensive gedrängt und genötigt, primär auf die Angriffe der Gegner zu reagieren. Diese führten über Wochen teils reichlich konstruierte Beispiele wie den «Apfelklau» ins Feld, welche zu Ausschaffungen wegen Bagatelldelikten führen würden. Dennoch: Die Gegner gewannen die Deutungshoheit über das Thema. Im dümmsten Moment schwang aber BDP-Chef Martin Landolt zum wiederholten Mal die Nazi-Keule gegen die SVP.

«Ihre Radikalisierung und ihr Kommunikationsstil weisen erschreckende Ähnlichkeiten mit dem Deutschland der Dreissigerjahre und mit dem Südafrika während der Apartheid auf», sagte er nach einem Tweet des Hakenkreuz-Plakats zu BLICK.

Foto: KEY

Damit erwies er seinen Mitstreitern einen Bärendienst. Dass Landolt im Parlament noch für den Text der DSI stimmte, machte die Sache umso unglaubwürdiger. Die SVP hatte immer wieder gestänkert, dass die lautesten Gegner der Initiative im Parlament für den exakten Wortlaut gestimmt hatten. Mit Landolts Offensive bekam diese Haltung zusätzliches Gewicht

Die Mobilisierung

Kaum je zuvor sorgte eine Abstimmung für dermassen viel Diskussionsstoff. In den sozialen Medien war sie das dominierende Thema, die klassischen Medien berichteten pausenlos. Die SRF-«Arena» organisierte zum SVP-Anliegen innert 15 Tagen gar zwei Mal eine Sendung. Die Folge davon dürfte eine für Schweizer Verhältnisse extrem hohe Stimmbeteiligung sein.

64 Bündner Gemeinden zählten falsch.
Foto: Keystone

Weil aber vor allem die Bevölkerung in den Städten stark mobilisiert ist, dürften eher die Gegner profitieren. Dennoch: Das Rennen bleibt offen, auch wenn das Nein-Lager etwas optimistischer in den Abstimmungssonntag gehen darf.

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