Die Bürgerlichen schlagen Alarm! Die AHV-Plus-Initiative koste jährlich bis zu 5,5 Milliarden Franken zusätzlich und gefährdet damit eine sichere AHV, warnen die Gegner vor einem Ja am 25. September. Der Bundesrat bläst ins selbe Horn. Ohne Gegenmassnahmen drohe der AHV per 2030 ein 7-Milliarden-Defizit – schon ohne Initiative. Mit sind es bis 2030 sogar fast 13 Milliarden. Ein Schreckensszenario!
Zum Ärger von SP-Ständerat Paul Rechsteiner (SG): «Seit Mitte der 1990er-Jahre reden die Bürgerlichen – angeführt von Blocher und Konsorten – die AHV schlecht», sagt der Gewerkschaftsboss. «Mit solchen Horrorszenarien versuchen die Bürgerlichen den AHV-Abbau voranzutreiben. Dabei lag der Bundesrat mit seinen Prognosen regelmässig falsch.»
Der Vergleich früherer Szenarien mit den effektiven Rechnungsabschlüssen gibt Rechsteiner Recht. Die bundesrätlichen AHV-Prognosen waren meist düsterer als später die Realität (siehe Grafik).
Bundesrat lag milliardenweit daneben
So warnte der Bundesrat im Jahr 2000 vor riesigen Milliarden-Defiziten: Für 2009 und 2010 würden ohne 11. AHV-Revision je rund 4 Milliarden Franken fehlen. Die Revision ging in der Volksabstimmung bachab. Trotzdem schrieb die AHV in den betreffenden Jahren satte Milliarden-Gewinne. Nur 2008 lag nahe an der Negativ-Prognose, damals sorgte die Finanzkrise für einen Absturz bei den Anlageresultaten.
2005 wiederum prognostizierte der Bundesrat ein 4,3-Milliarden-Minus für 2015. Zwar drehte das Betriebsergebnis letztes Jahr tatsächlich ins Minus – doch mit einem Fehlbetrag von 558 Millionen Franken ist es immer noch weit entfernt von den einstigen Annahmen. Auch mit den 2009 vorgenommenen Korrekturen liegt der Bund bisher deutlich neben der Realität.
«Sozialabgaben gesunken»
Mit ein Grund für die Abweichungen: Lohnentwicklung und Zuwanderung hat der Bundesrat regelmässig unterschätzt. «Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass der Bundesrat mit seinen Prognosen auf der sicheren Seite sein will. Wenn wie jetzt mit vermeintlichen Milliardenlöchern eine Angstkampagne betrieben wird, hört mein Verständnis aber auf», sagt Rechsteiner.
«Eine Rentenerhöhung lässt sich über nur je 0,4 Lohnprozent für Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanzieren. Das können wir uns leisten, zumal die Sozialabgaben der Arbeitgeber seit dem Jahr 2000 um 0,7 Lohnprozent gesunken sind.»
Jetzt kommen die Babyboomer
Ganz anders sieht es FDP-Nationalrätin Regine Sauter (ZH): «Ein AHV-Ausbau liegt nicht drin. Das hat weder mit Angstmacherei noch Schwarzmalerei zu tun.» Dass mit den Babyboomern eine geburtenstarke Generation in Pension komme, sei Fakt. Die Tendenz sei damit klar.
Prognosen seien zwar immer mit gewissen Unsicherheiten verbunden, sagt Sauter. Doch deswegen keine Szenarien zu berechnen, sei schlicht verantwortungslos. «Wir dürfen nicht blind in die Zukunft schreiten und hoffen, dass schon alles gut kommt. Und sollte ein unerwartet hohes Wirtschaftswachstum die Prognosen verbessern, habe ich auch nichts dagegen.»