Wo darf es etwas weniger sein? Das fragt sich Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59) angesichts der angespannten Finanzlage des Bundes. Wie Recherchen des «Tages-Anzeigers» zeigen, schlägt Keller-Sutter dem Bundesrat nun unter anderem Abstriche bei der AHV-Finanzierung vor. Demnach soll der Bundesbeitrag an die AHV während fünf Jahren um jährlich 190 Millionen Franken reduziert werden.
Mit der Reduktion des Bundesbeitrags würden zwar die AHV-Renten nicht sinken. Doch mittelfristig erhöht sie den Spar- und Reformdruck, weil dem Sozialwerk vorübergehend 0,3 Prozent der Einnahmen entzogen werden. Kurz nachdem das Frauenrentenalter auf 65 Jahre erhöht wurde, könnten bald neue Massnahmen kommen.
Linke ärgern sich
Keller-Sutters Vorschlag ist bemerkenswert, weil der Bundesbeitrag erst vor drei Jahren erhöht wurde. Nur weil die AHV im Gegenzug insgesamt zwei Milliarden Franken an jährlichen Zusatzeinnahmen erhielt, sagten SP, Grüne und Gewerkschaften Ja zur Unternehmensbesteuerung.
Umso mehr ärgern sich die Linken nun ob der neuen Plänen der Finanzministerin. So schreibt SP-Nationalrat Fabian Molina (32) auf Twitter: «Die bürgerliche Finanz- und Wirtschaftspolitik ist absurd, ungerecht und zerstört das Vertrauen der Menschen in die Demokratie!»
Auch den Chef der Grünen, Balthasar Glättli (51), nervt es, dass der Bund zwar Geld für die Rettungsaktion für die Credit Suisse und den Finanzplatz hat, gleichzeitig aber bei der AHV Einsparungen vorsieht.
Kritik kommt auch von der anderen Seite. SVP-Nationalrat Roger Köppel (59) fragt sich: «AHV-Gelder kürzen, aber 209 Milliarden Staatsrückversicherung für die UBS. Bin gespannt, wie die Finanzministerin diese Politik den Schweizern erklärt.»
Defizit von 4,3 Milliarden Franken
Derzeit befinden sich die Bundesfinanzen in Schieflage, das musste die Finanzministerin im Februar vor den Medien bekannt geben. Neben den höher als budgetierten ausserordentlichen Ausgaben wegen der Corona-Pandemie (3,3 Milliarden Fr.) und des Ukraine-Kriegs (0,7 Milliarden Fr.) war das Minus 2022 auch im ordentlichen Haushalt viel höher als veranschlagt. Ein Grund waren deutlich tiefere Einnahmen aus der Verrechnungssteuer. Das Finanzierungsdefizit betrug 2022 4,3 Milliarden Franken. (sie)