Heute ist der Tag der Entscheidung für Bundesanwalt Michael Lauber (53). Die Gerichtskommission des Parlaments entscheidet, ob sie den obersten Ermittler der Schweiz der Bundesversammlung zur Wiederwahl vorschlägt – oder ob die Wahl angesichts der jüngsten Entwicklungen aufgeschoben werden soll.
Derweil werden neue Details bekannt zum ominösen dritten Treffen zwischen Lauber und Fifa-Boss Gianni Infantino (49). Die Aufsichtsbehörde hatte nach mehreren Wochen Nachforschung vergangene Woche eine Disziplinaruntersuchung gegen Lauber eröffnet. Was genau sie dazu bewog, die Untersuchung einzuleiten, liess die Behörde offen. Dem «Tages-Anzeiger» liegt nun aber ein Dokument der Aufsichtsbehörde vor, das die vorläufigen Ergebnisse der Recherchen zusammenfasst.
Bisher bekannt war ein SMS von Infantinos Jugendfreund, dem Walliser Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold, an Laubers Kommunikationschef André Marty. Er hatte 13 Minuten vor dem geplanten Meeting am 16. Juni 2017 im Hotel Schweizerhof in Bern geschrieben: «Hallo André. Giannis Zug hat Verspätung. Wir werden ein paar Minuten später da sein. Bis gleich. Gruss.» Es war diese Nachricht, die die Affäre vor einigen Wochen neu ins Rollen brachte.
Der Zwischenbericht der Aufsichtsbehörde enthält nun noch weitere Hinweise auf das Treffen. Lauber streitet nicht ab, dass es dieses gab. Er beteuert aber, sich nicht daran erinnern zu können.
War die Datumsangabe des SMS falsch?
Da ist einerseits ein zweites SMS, das die Aufsichtsbehörde zu Tage gefördert hat. Es handelt sich um die Antwort von Informationschef Marty auf Arnolds Nachricht: «Sali – Kein Problem. Im 1. Stock, Meeting Room III.» Auch in den elektronischen Agenden von Lauber und Marty findet sich dieser Vermerk wieder. Demnach sollte das Treffen von 9.15 bis 11 Uhr dauern. Mit dabei auch «G.I.» – Gianni Infantino.
Bereits einen Monat davor, am 19. Mai 2017, soll das Sekretariat des Bundesanwalts zudem eine Offerte des Schweizerhofs zur Buchung des Sitzungszimmers akzeptiert haben. Auch eine nachträgliche Rechnung für Raummiete und Snacks liegt der Aufsichtsbehörde vor.
Trotz dieser Hinweise behauptet der Walliser Oberstaatsanwalt Arnold, dass es das dritte Treffen nie gab. Die Textnachrichten würde sich auf das erste Meeting von Infantino und Lauber im März 2016 beziehen. Die Datumsangabe der SMS sei wohl nicht korrekt, so seine simple Begründung.
GPK findet alles halb so schlimm
Die Aufsichtsbehörde hält im Zwischenbericht als Fazit fest, dass es «nicht nachvollziehbar» sei, dass sich Lauber nicht mehr an das Gespräch im Schweizerhof erinnern kann. Sie listet sechs Punkte auf, die eine mögliche Amtspflichtverletzung Laubers begründen könnten.
Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Parlaments findet die allerdings alle halb so tragisch. Sie teilte gestern nach Anhörung Laubers und des aktuellen und ehemaligen Präsidenten der Aufsichtskommission mit, dass man nichts gefunden habe, was geeignet wäre, «die fachliche oder persönliche Eignung» Laubers «ernsthaft in Frage zu stellen». Sie überlässt den Entscheid über die Wiederwahl des Bundesanwalts damit der Gerichtskommission. (nim/lha)