Auf den Tag genau drei Monate dauert der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine nun schon. Drei Monate, die Europa verändert haben, weil sie vermeintliche Gewissheiten in Frage stellen. Die Gewissheit, dass auf europäischem Boden nie wieder Krieg zwischen Staaten herrschen wird. Die Gewissheit, dass eine atomare Bedrohung höchstens noch in James-Bond-Filmen heraufbeschworen werden kann. Und vor allem die Gewissheit, dass Frieden und Demokratie unangreifbar sind.
Wie sehr wir uns getäuscht haben, zeigt sich jetzt in der Ukraine. «Wandel durch Handel» – die simple Formel, dass allein der Austausch von Waren und Dienstleistungen zu Wohlstand führt, dann auch die Menschenrechte eingehalten werden und freie Wahlen Einzug halten, hat sich als Trugschluss erwiesen. «Wenn wir fallen, fallt auch ihr», warnte Wladimir Klitschko (46) im Blick-Interview.
Westliches Modell unter Druck
Neu gilt: Das westliche Gesellschaftsmodell muss verteidigt werden – auch auf Kosten des Profits. Mit dieser Haltung machen bürgerliche Politiker wie FDP-Präsident Thierry Burkart (46) und Mitte-Chef Gerhard Pfister (59) aktuell Schlagzeilen.
Ihre Meinung teilen immer mehr Menschen in der Schweiz. Der neu gegründete Verein #StandUp4Democracy, der von Politgeograf Michael Hermann und Stadtplanerin Stefanie Pfändler präsidiert wird, gibt diesen Menschen nun ein Gesicht. 55 Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft haben den Appell «Gemeinsam für die Demokratie» unterzeichnet – von alt Bundesrätinnen bis hin zu Rappern, von Jung bis Alt, von links bis rechts.
Gemeinsame Grundwerte
«Wir stellen mit Absicht keine konkreten politischen Forderungen», sagt Michael Hermann. «Unser Ziel ist es, bewusst zu machen, wie wichtig es ist, für gemeinsame Grundwerte einzustehen.» Blick zeigt die Unterzeichnenden. Er hat gegensätzliche Paare gebeten, ihre Gedanken zu Freiheit und Demokratie in wenige Worte zu fassen. (sf)
Den Appell unterzeichnet haben: Vania Alleva, Präsidentin Unia; Sanija Ameti, Co-Präsidentin Operation Libero; Nada Boskovska, Professorin für Osteuropäische Geschichte, Uni Zürich; Christine Brand, Schriftstellerin; Thierry Burkart, Präsident FDP; Micheline Calmy-Rey, alt Bundesrätin; Pascal Couchepin, alt Bundesrat; Michael Elsener, Satiriker; Olga Feldmeier, CEO Smart Valor; Nicola Forster, Präsident SGG; Hannes Germann, Präsident Schweizerischer Gemeindeverband; Viktor Giacobbo, Kabarettist; Balthasar Glättli, Präsident Grüne; Jürg Grossen, Präsident GLP; Thomas Hefti, Ständeratspräsident; Andrew Holland, Geschäftsführer Stiftung Mercator Schweiz; Petra Ivanov, Schriftstellerin; Helen Keller, Professorin für Staatsrecht und Richterin; Georges Kern, CEO Breitling SA; Flavia Kleiner, Aktivistin; Joëlle Kuntz, Autorin; Irène Kälin, Nationalratspräsidentin; Pedro Lenz, Schriftsteller; Moritz Leuenberger, alt Bundesrat; Doris Leuthard, alt Bundesrätin; Sibylle Lichtensteiger, Leiterin Stapferhaus; Johannes Läderach, CEO Läderach AG; André Lüthi, Präsident Globetrotter Group; Nemo, Musikschaffender; Pierre-Yves Maillard, Präsident Schweizerischer Gewerkschaftsbund; Corine Mauch, Stadtpräsidentin Zürich; Ruth Metzler-Arnold, alt Bundesrätin; Mattea Meyer, Co-Präsidentin SP; Milena Moser, Schriftstellerin; Adolf Ogi, alt Bundesrat; Frédérique Perler, Stadtpräsidentin Genf; Jeronim Perovic, Osteuropa-Historiker, Uni Zürich; Gerhard Pfister, Präsident Die Mitte; Lukas Reimann, Präsident Auns; Marlen Reusser, Radrennfahrerin; Christa Rigozzi, Moderatorin; Monika Rühl, Direktorin Economiesuisse; Johann Schneider-Ammann, alt Bundesrat; Christoph Sigrist, Pfarrer Grossmünster, Zürich; Christoph Simon, Schriftsteller; Sina, Sängerin; Lara Stoll, Slam-Poetin und Autorin; Lilian Studer, Präsidentin EVP; Bernard Thurnheer, Moderator; Marc A. Trauffer, Sänger/Unternehmer; Valentin Vogt, Präsident Schweizerischer Arbeitgeberverband; Sasha Volkov, Ukrainischer Verein Schweiz; Eveline Widmer-Schlumpf, alt Bundesrätin; Daniel und Markus Freitag, Gründer Freitag AG; Alec von Graffenried, Stadtpräsident Bern.