Seit zwanzig Jahren ist er der starke Mann an der Spitze des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Eben erst liess er nochmals – vielleicht zum letzten Mal – seine Muskeln spielen, indem er Bundesrat Johann Schneider-Ammann (66) das Gespräch verweigerte und kategorisch nicht über Lohnschutz diskutieren wollte (BLICK berichtete). Ein Abschluss der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen rückt damit in weite Ferne.
Ende November ist aber definitiv Schluss. Dann tritt Paul Rechsteiner (65) als Kopf der Gewerkschaften zurück. Doch wer soll den mächtigen SP-Ständerat ersetzen und das gewerkschaftliche Ruder übernehmen? Man suche nach «einer Persönlichkeit mit politischem Gewicht, die fest in die Gewerkschaftsbewegung integriert ist», die also bestenfalls einen Sitz im National- oder Ständerat innehat, heisst es.
Tessiner Ärztin wird heiss gehandelt
Zwei Frauen und ein Mann kämpfen um die Rechsteiner-Nachfolge, wie der «Tages-Anzeiger» spekuliert. Heisser Kandidat soll der Waadtländer SP-Regierungsrat Pierre-Yves Maillard (50) sein. Das Interesse am Amt hat er bereits offen kundgetan. Maillard – der 2011 Bundesratskandidat war, aber Alain Berset (46) unterlag – war vor seiner Zeit als Politiker als Unia-Mitglied gewerkschaftlich aktiv. Dem Waadtländer könnte aber sein Geschlecht zum Verhängnis werden.
Denn obwohl das Kandidatenprofil es nicht vorschreibt, heisst es hinter den Kulissen, dass man sich eine Frau an der Spitze des SGB wünsche. Idealerweise aus der lateinischen Schweiz. Womit die SP-Nationalrätin und das Mitglied des Personalverbandes VPOD, Marina Carobbio (52), in die Pole-Position rückt. Für die Ärztin aus dem Tessin spricht zudem, dass sie sich nicht selbst ins Spiel um die Nachfolge von Rechsteiner brachte, sondern vom SGB angefragt wurde, ob sie sich vorstellen könne, den Posten zu übernehmen.
Ebenfalls gehandelt wird Barbara Gysi (54). Die SP-Nationalrätin bringt als Präsidentin des Gewerkschaftsbundes des Kantons St. Gallen und des Bundespersonals viel Erfahrung mit. Ihr Nachteil könnte aber sein, dass sie aus demselben Kanton wie Rechsteiner stammt.
Prominente Absagen
Konkret äussert sich noch niemand über seine oder ihre Kandidatur. Maillard, Carobbio, Gysi – alle halten sich noch bedeckt. Und auch die Findungskommission des SGB will sich keinen Druck aufsetzen. Wenn nötig lasse man sich Zeit bis kurz vor dem am 30. November beginnenden Kongress.
Definitiv nicht zur Verfügung für die Nachfolge von Paul Rechsteiner stehen Corrado Pardini (53) und Regula Rytz (56). Der Grünen-Präsidentin fiel der Entscheid zwar nicht leicht, aber sie wolle sich in den nächsten zwei Jahren auf die erfolgreiche Parteiarbeit konzentrieren. Pardini begründet seine Absage damit, dass er mehr Wirksamkeit im Parlament und den Kommissionen entfalte. (duc)