Doris Leuthard schreibt im BLICK zum Internationalen Frauentag
«Wir können das ebenso wie Männer»

Im Verhältnis zwischen Mann und Frau ist viel erreicht worden – aber es gibt noch Luft nach oben. Entscheidend ist, wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert wird. Ein Gastbeitrag von Bundespräsidentin Doris Leuthard zum heutigen Tag der Frau.
Publiziert: 07.03.2017 um 23:46 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 23:12 Uhr
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Bundespräsidentin Doris Leuthard
Foto: Thibault Camus
Doris Leuthard

Rechtzeitig zum Internationalen Tag der Frau 2017 kommt der Film «Die göttliche Ordnung» in die Kinos. Er ist der Einführung des Frauenstimmrechts 1971 gewidmet und zeigt auf, wie hart dieses Recht erkämpft werden musste.

Was heute als selbstverständlich erscheint, führte damals zu heftigen Debatten. «Erst heute begreife ich jene Männer, die mir am Anfang meiner Karriere sagten, die Frau gehöre ins Haus. Recht hatten sie. Die Frauen gehören ins Gemeindehaus, ins Rathaus, ins Bundeshaus», erinnerte sich Josi Meier, eine der Vorkämpferinnen für das Frauenstimmrecht, später an diese Zeit. Ihr Mut und ihre Unabhängigkeit haben mich beeindruckt.

Inzwischen wurde viel erreicht – in der Politik und Wirtschaft, in Wissenschaft und Gesellschaft. Heute stehen jungen Frauen und Männern die gleichen Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten offen. Viele nutzen denn auch die Chancen, die sich damit bieten.

Der Frauenanteil nimmt aber trotz allem mit jeder Stufe der Karriereleiter tendenziell ab. Eine internationale Studie zeigt, dass die Schweiz bezüglich der Vertretung der Frauen in der Geschäftsleitung Platz 56 von 59 befragten Ländern einnimmt. Beim Anteil der Verwaltungsrätinnen liegt sie auf Platz 42. Beim Bund machen die Frauen im mittleren Kader 32,2 Prozent und im oberen Kader 19,3 Prozent aus. Es hat also noch Luft nach oben!

Ein entscheidender Punkt ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Gemeinsam mit den Männern müssen wir uns weiterhin für moderne Arbeits- und Karrieremodelle starkmachen. Neben genügend familienexternen Betreuungsplätzen und qualifizierten Teilzeitstellen für Männer und Frauen denke ich hier auch an die Gleichstellung von Verheirateten und Konkubinatspaaren mit Kindern bei den Steuern. Und daran, dass bei der Besetzung von Kaderstellen nicht nur die beruflichen Erfahrungen, sondern auch diejenigen der Familien- und Freiwilligenarbeit mit einbezogen werden.

Der Bund als Arbeitgeber hat in den vergangenen Jahren einiges dafür getan, damit für Frauen und Männer Familie und Beruf besser vereinbar sind und dass Frauen nicht diskriminiert werden, sei es bei der Anstellung oder beim Lohn. Das sind wichtige Errungenschaften, und diesen gilt es Sorge zu tragen und sie immer wieder anzupassen, zu optimieren.

Die Erfahrung zeigt, dass gemischte Teams innovativ und erfolgreich arbeiten. Es zahlt sich aus, für einen angemessenen Frauenanteil zu sorgen. Die Schweiz braucht gut ausgebildete Fachkräfte – und wir wissen um das grosse Potenzial an motivierten Frauen.

Es freut mich darum sehr, dass Frauen inzwischen sowohl in sozialen Bereichen wie dem Gesundheits- oder Bildungswesen als auch in technisch geprägten Bereichen vermehrt präsent sind: Die beiden Energiekonzerne Alpiq und BKW werden von Frauen geführt, das SBB-Präsidium und die Leitung der Post sind in Frauenhand, das Bauprojekt für die zweite Gotthard-Röhre wird von einer Bauingenieurin geleitet. Das zeigt: Frauen sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Wir können das ebenso wie unsere männlichen Kollegen. 

Ich wünsche mir, dass Frauen weiterhin den Mut haben, sich einzubringen, sich einzumischen und zusammen mit den Männern Veränderungen anzustossen. So unterschiedlich unsere Herkunft und unsere Lebenswege sind, so vielfältig sind unsere Erfahrungen. Nutzen wir sie, um die Schweiz voranzubringen. Unser politisches System hilft uns dabei: Wir können uns in der Gemeinde, im Kanton und auf Bundesebene engagieren – und so die Zukunft mitgestalten. 

Bundespräsidentin Doris Leuthard ist Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek).

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