Diskussion um Rolle der Reitschule
Krawalle erhitzen Gemüter im Berner Stadtrat

Der Berner Stadtrat ist sich uneins, welche Rolle die Reitschule bei den jüngsten Krawallen auf der Schützenmatte gespielt hat. Das zeigte sich am Donnerstag bei der Debatte, welche die SVP-Fraktion nach den Ausschreitungen vom ersten Mai-Wochenende verlangt hatte.
Publiziert: 16.05.2024 um 19:27 Uhr
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Aktualisiert: 17.05.2024 um 08:00 Uhr
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Brennende Container und Strassenbarrikaden: Vor knapp zwei Wochen kam es vor der Berner Reitschule zu wüsten Ausschreitungen.
Foto: Lesereporter
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SDASchweizerische Depeschenagentur

Der Berner Stadtrat ist sich uneins, welche Rolle die Reitschule bei den jüngsten Krawallen auf der Schützenmatte gespielt hat. Das zeigte sich am Donnerstag bei der Debatte, welche die SVP-Fraktion nach den Ausschreitungen vom ersten Mai-Wochenende verlangt hatte.

Unbekannte hatten die Polizei mit Steinen, Flaschen, Lasern und Feuerwerkskörpern angegriffen. Elf Einsatzkräfte wurden verletzt. Der kantonale Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) hatte darauf eine temporäre Schliessung der Reitschule ins Spiel gebracht. Diese diene immer wieder als Rückzugsort von Randalierern.

«Brennpunkt Schützenmatte»

Dem widersprach die rotgrüne Mehrheit im Stadtrat vehement. Der Gewaltausbruch sei zu verurteilen, doch der «Brennpunkt Schützenmatte» und das Kulturzentrum Reitschule seien zwei verschiedene Paar Schuhe. Die Reitschule habe sich von den Vorfällen klar distanziert.

Die Forderung nach einer temporären Schliessung sei «reiner Populismus», sagte Barbara Keller (SP) im Rat. Ihre Partei lehne es ebenso klar ab, Tausende friedlicher Menschen auf dem Areal einer Videoüberwachung zu unterziehen, wie dies Regierungsrat Müller wieder ins Spiel gebracht hatte.

Linke kritisiert «Reitschul-Bashing»

Auch Lea Bill (GB) betonte, es gebe keinerlei Hinweise, dass die Reitschule irgendetwas mit den Ereignissen zu tun habe. Das Kultur- und Begegnungszentrum fange viele Menschen auf, die sonst keinen Platz in unserer Gesellschaft hätten. Es sei völlig daneben, der Reitschule die Schuld für jugendliche Randalierer zuzuschieben.

Francesca Chukwunyere (GFL) warf dem Kanton vor, «übergriffig und übertrieben» reagiert zu haben. Paula Zysset (Juso) sprach von «typischem Reitschul-Bashing von bürgerlicher Seite».

David Böhner (AL) betonte, die nächtliche Aktion sei «einfach doof» gewesen und schade vor allem dem Kulturprojekt Reitschule. In der fraglichen Nacht habe leider auch der Kampf gegen den Kapitalismus keine nennenswerten Fortschritte gemacht.

«Bern brennt, der Stapi pennt»

Ganz anders bewertete das Mitte-Rechts-Lager die Lage. «Bern brennt, der Stapi pennt», zitierte Alexander Feuz (SVP) die Gratiszeitung «Berner Bär». Der Gemeinderat sei gefordert, etwa beim Sicherheitsdienst der Reitschule. Dieser verhindere nicht, dass Randalierer Unterschlupf im Kulturzentrum fänden. Der rechtsfreie Raum auf der Schützenmatte sei einer Bundesstadt unwürdig.

Florence Pärli (FDP) bezeichnete es als völlig vermessen, wenn die SP von «Aktivisten» spreche. Es handle sich um Gewalttäter. Pärli prangerte den «linksextremistischen Angriff auf uns alle und unsere demokratischen Prozesse» an. Gemeinderat und Reitschule müssten endlich griffige Massnahmen erarbeiten.

Auch wenn sich die Reitschule distanziert habe, komme es doch immer wieder im gleichen Perimeter zu Ausschreitungen, fügte Milena Daphinoff (Mitte) an. Die Reitschule könnte mehr tun, wenn vor ihrer Tür Gewaltexzesse über die Bühne gingen. «Gewalt ist immer falsch», hielt Maurice Lindgren (GLP) fest.

Stapi hofft auf Bestrafung der Täter

Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) äusserte die Hoffnung, dass die Gewalttäter von der Justiz gefasst und bestraft würden. Nicht nur in Bern gebe es immer mehr extremistische Gruppen, die Angriffe auf die Polizei verübten.

Mit der Reitschule stünden die Behörden in einem kontinuierlichen Dialog. In kleinen Schritten komme man voran. Davon zu trennen seien die Gewaltprobleme auf der Schützenmatte. Die Stadt habe mehrere wichtige Massnahmen ergriffen, aber im Lauf des letzten halben Jahres seien Gewaltbereitschaft und Aggressivität gestiegen.

Dabei handle es sich namentlich um nordafrikanische Männer aus dem Asylbereich. Das Beispiel zeige, dass auch der Kanton gefordert sei. Denn viele Probleme gingen von ungenügend betreuten Asylbewerbern aus.

Diskussionen zu aktuellen Ereignissen sind im Stadtrat selten. Meist kommt dafür keine Mehrheit zustande. Die letzte aktuelle Debatte führte das Parlament im Januar 2020 zu den Stadtfinanzen.

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