Die Schweizer sind so hoch verschuldet wie sonst niemand. Gemäss dem «Global Wealth Report» der Allianz-Versicherung hat jeder Schweizer über 86'000 Franken Ausstände. Verantwortlich dafür sind vor allem Hypothekarkredite. Sie machen gemäss Bundesrat 93 Prozent der Privatverschuldung aus. Doch jeder Zehnte hat auch Schulden beim Staat, weil er mit Steuerzahlen nicht nachkommt.
Immer wieder gibt es daher Vorstösse, die Steuern jeden Monat automatisch vom Lohn abzuziehen. Aktuell fordert die Berner SP-Nationalrätin Margret Kiener-Nellen, dies auf freiwilliger Basis für Angestellte zu ermöglichen. Der Bundesrat lehnt das jedoch ab: Der Direktabzug würde die Einkommenssteuer verkomplizieren, meint er. Und ausserdem würden jene, die Steuerschulden haben, sicher nicht freiwillig für den Direktabzug melden.
Steuerschulden würden sinken
Nun aber gibt es unverhofften Rückenwind für die Idee Direktabzug. Der renommierte Zürcher Ökonom Ernst Fehr ist überzeugt, dass mit einem freiwilligen Direktabzug die Steuerschulden sinken würden: Gerade für Einsteiger oder Leute, die plötzlich mehr Geld verdienen, sei oft nicht klar, was das steuerlich bedeute.
«Auch im Falle von unvorhergesehenen Lebensereignissen – einem weiteren Grund für Steuerschulden – wirkt das Direktabzugsverfahren positiv: Es fungiert als Puffer», steht in einem Gutachten, das Fehrs Beratungsfirma im Auftrag der Basler Schuldenberatung erstellt hat.
Nicht mehr ausgeben, als man hat
Fehr ist aber auch überzeugt, dass mit dem monatlichen Abzug nicht nur die Steuerschulden, sondern auch die gesamten Privatschulden reduziert werden können. Befinde sich Geld, welches de facto nicht zur Verfügung steht, gar nicht erst auf dem Konto, verringere dies Anreize zum Konsum, wo eigentlich kein Konsum möglich sei, so die Begründung. «Es gibt viele Argumente für den monatlichen Direktabzug», zitiert die Zeitschrift «Beobachter» Fehr. «Er erhöht die Lebensqualität und bietet wahre Steuertransparenz.»
Nicht zuletzt wäre ein Direktabzug auch von Vorteil für die Kantonsfinanzen. Allein für den Kanton Basel-Stadt schätzt Fehrs Beratungsunternehmen das Potenzial auf fünf Millionen Franken, das sind etwa 20 Prozent aller Ausstände bei den Einkommens- und Vermögenssteuern. Zudem sind Einsparungen möglich, weil weniger Mahnungen geschrieben und Betreibungen durchgeführt, aber auch weniger Sozialleistungen gezahlt werden müssen.
Für Arbeitgeber steigt der Aufwand
Allerdings könnten die Einsparungen erst in der mittleren Frist erwartet werden. Zuerst würden, etwa durch die Anpassung der IT-Systeme, Kosten anfallen. Das Gutachten fordert denn auch, dass zumindest kleinere Unternehmen, für die der Aufwand steigt, wenn sie die Steuern abführen müssen, finanziell unterstützt werden.