Urs Huber (57) ist sich das Verlieren gewöhnt. Der Solothurner SP-Kantonsrat und Eisenbahngewerkschafter hat die Wahl in den Nationalrat am vergangenen Wahlsonntag nicht geschafft. Erneut. Schon vier Mal hat er um den Einzug in die Grosse Kammer gekämpft – und ist jedes Mal gescheitert.
Mit seiner Niederlage in Serie gibt der SPler einer Gruppe ein Gesicht, die in der Regel schnell vergessen ist: jene derjenigen Frauen und Männer, die als Verlierer aus dem Wahlkampf ziehen. Und das sind so viele wie noch nie. Den 246 Gewinnern stehen dieses Jahr über 4500 Frauen und Männer gegenüber, die es nicht geschafft haben.
Zumindest gegen aussen trägt Huber die erneute Wahlschlappe mit Fassung. Er bedankt sich bei seinen Unterstützern und freut sich – trotz allem – über die knapp 7000 Stimmen, die er holen konnte. «Es hat nicht sollen sein», schreibt der Verlierer. «Nicht zum ersten Mal, aber zum letzten Mal.» Einen fünften Versuch? Das wird es, so zumindest der Stand jetzt, nicht geben.
Sie kämpfen für die Partei statt fürs Ego
Auch für Claudia Hauser (51) wird es wahrscheinlich der letzte Versuch gewesen sein. Die Aargauer FDP-Grossrätin und Vizepräsidentin der Kantonalpartei hat dieses Jahr zum dritten Mal für den Nationalrat kandidiert.
Dass sie es auch dieses Mal nicht schaffen würde, damit hatte sie gerechnet – trotzdem hat Hauser viel Zeit und Engagement in den Wahlkampf gesteckt. So versuchte sich die Hobbyköchin beispielsweise mit einem Apéro-Häppchen-Workshop bei Wählerinnen und Wählern schmackhaft zu machen.
Hauser stellt klar: «Ich habe den Wahlkampf vor allem für die Partei gemacht.» Wobei auch für sie jeweils etwas rausspringe. «Im Wahlkampf lernt man immer viele neue Menschen kennen und kann das Beziehungsnetz vergrössern», sagt die FDPlerin.
Im vierten Anlauf geschafft
Dass sich hartnäckiges Dranbleiben auszahlen kann, beweisen gleich mehrere Kandidaten. Jon Pult (35), Präsident der Bündner SP, schaffte im vierten Anlauf die Wahl in den Nationalrat. Der Sittener Stadtrat Christophe Clivat (50) holte ebenfalls im vierten Versuch den ersten Sitz für die Grünen im Wallis. Schon gleich lange probiert hat es Neo-Nationalrat Thomas Brunner (59), der in St. Gallen für die GLP einen Sitz zurückholte.
Und auch der Basler SP-Grossrat Mustafa Atici (50) schaffte nach drei erfolglosen Versuchen dieses Jahr den Sprung nach Bern. Der Präsident der SP-Migranten rutschte für die in den Ständerat gewählte Regierungsrätin Eva Herzog nach. «Hartnäckig zu sein, liegt in meiner Natur», sagt Atici. «Ich setze mich seit Jahren für Chancengerechtigkeit in der Bildung ein. Bei diesem Thema kann man nicht von heute auf morgen etwas bewirken.»
Ersatzplatz gewohnt
Wie wichtig es ist, Geduld zu haben, betont GLP-Politiker Brunner. «In der Politik muss man einen langen Atem haben. Es gilt das Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein.» Zudem sehe er Nationalratswahlen als Teamerfolg und nicht als «Ego-Projekt», weshalb er kaum in den persönlichen Wahlkampf investiert habe. Seine Wahl kam für Brunner dementsprechend unerwartet. «Ich bin schon mehrmals mit einem respektablen Resultat auf dem ersten Ersatzplatz gelandet», sagt Brunner. «Dass ich diesmal gewählt wurde, war eine positive Überraschung.»