«Die Situation ist unhaltbar»
Migranten-Ansturm überfordert kleine Kanaren-Insel

Eine seit Tagen andauernde Zunahme der Ankünfte Hunderter Migranten stellt die Kanaren und vor allem die kleine Insel El Hierro vor grosse Probleme.
Publiziert: 06.10.2023 um 13:48 Uhr
Insgesamt 639 Migranten erreichten auf fünf Booten die spanische Insel El Hierro. Foto: Europa Press/EUROPA PRESS/dpa
Foto: Europa Press

Allein in der Nacht zum Freitag seien 262 Migranten gerettet worden, die vor den Küsten des zu Spanien gehörenden Atlantik-Archipels auf drei Booten unterwegs gewesen seien, teilte der kanarische Notdienst mit. Am Freitagmittag seien Aktionen zur Bergung weiterer 200 Migranten im Gang gewesen, berichtete der staatliche Fernseh-Sender RTVE unter Berufung auf die Behörden.

Von den 262 Migrantinnen und Migranten aus der Nacht wurden 103 den Angaben zufolge vom spanischen Seerettungsdienst nahe El Hierro in Sicherheit und dann auf die Insel gebracht. Damit erhöhte sich die Zahl der Menschen, die seit Dienstag irregulär auf El Hierro ankamen, auf mehr als 1300. Die Insel hat gut 11 000 Einwohner und ist einem solchen Zustrom von Migranten nach eigenen Angaben nicht gewachsen. Einige Medien sprechen bereits vom «spanischen Lampedusa».

Die Situation sei «unhaltbar», sagte der kanarische Regierungschef Fernando Clavijo am Freitag dem TV-Sender Antena 3. Der konservative Politiker warf der linken Zentralregierung Tatenlosigkeit vor. «Wir sind fassungslos und perplex über das Schweigen einer spanischen Regierung, der die Ereignisse im Zusammenhang mit der Migration und der Druck, dem alle Kanaren ausgesetzt sind, anscheinend völlig egal sind», sagte er.

Wieso die meisten Migranten-Boote auf der sogenannten kanarischen Route zuletzt vor allem El Hierro ansteuerten, ist nicht bekannt. Inzwischen wurden nach Behördenangaben Hunderte von Migranten auf andere, deutlich grössere kanarische Inseln gebracht, etwa nach Teneriffa. Die Inselregierung forderte trotzdem von Madrid und der EU «aussergewöhnliche und dringende» Massnahmen. «Die Herreños sind zwar ein hilfsbereites und einfühlsames Volk, das aus erster Hand weiss, was Auswanderung bedeutet. Doch sie sind weder flächen-, noch bevölkerungs-, noch ressourcenmässig darauf vorbereitet, eine so grosse Zahl von Migranten zu bewältigen», hiess es in einer Mitteilung.

Nach Angaben der spanischen Hilfsorganisation Caminando Fronteras starben in den ersten sechs Monaten des Jahres mindestens 951 Migranten bei dem Versuch, Spanien auf dem Seeweg zu erreichen. Der grösste Teil der Todesopfer (778) wurde demnach nicht im Mittelmeer, sondern auf der Route von Westafrika zu den Kanaren registriert. (SDA)

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