Am 5. März verschickte die SVP eine Mitteilung, die in ihrer Absolutheit alles übertraf, was die Partei bisher je über das Thema EU zum Besten gegeben hat.
«Das institutionelle Abkommen zerstört die Schweiz», so die Rechtspartei. Es verstosse «gegen alles, was die Schweiz ausmacht – die bewährte direkte Demokratie, den Föderalismus, die Unabhängigkeit und die Neutralität». Für die Volkspartei ist klar, dass die heutige Schweiz untergeht, sollte der Rahmenvertrag mit Brüssel eines Tages tatsächlich unterzeichnet werden.
Totalopposition stösst auf internen Widerstand
Doch diese Totalopposition kommt auch in der SVP nicht bei allen gut an. Mehrere Entscheidungsträger erklären, dass die Eidgenossenschaft auch künftig auf ein geregeltes Verhältnis mit der Europäischen Union angewiesen sein werde. Der Zuger SVP-Finanzvorsteher Heinz Tännler (58) etwa sagt: «Ein vertragsloser Zustand wäre schlecht für die Schweiz. Der bilaterale Weg muss weiter beschritten werden.» Tännler sage deshalb «Ja, aber» zum Rahmenabkommen.
Gleich äussert sich der Thurgauer Finanzvorsteher Jakob Stark (60) – auch er ist Mitglied der SVP. Stark sagt zu SonntagsBlick: «Es ist für beide Seiten zielführend und richtig, die gegenseitigen Beziehungen in zahlreichen Verträgen zu regeln.» Die heutige enge Verflechtung in vielen Gebieten und die wirtschaftliche Bedeutung mache das nötig.
Und auch in Zürich, dem stärksten Wirtschaftskanton, will SVP-Säckelmeister Ernst Stocker (60) von der totalen Ablehnung seiner Partei nichts wissen. Auf einem Podium in Wetzikon ZH erklärte der Finanzdirektor, er sage auch «Ja, aber» zum Rahmenabkommen. Auf Anfrage bestätigt Stockers Sprecher das Zitat, weist aber darauf hin, dass diese Haltung der Meinung des gesamten Zürcher Regierungsrats entspreche.
Kritisch gegen staatliche Unterstützungsleistungen
Gleichzeitig machen SVP-Exekutivpolitiker klar, dass es Anpassungen am bestehenden Vertrag braucht. Insbesondere Passagen, in denen es um staatliche Beihilfen geht, sind Heinz Tännler ein Dorn im Auge. Die EU lehnt solche Beihilfen ab.
Tännler, Regierungsrat in Zug, ist gegenüber staatlichen Unterstützungsleistungen zwar ebenfalls grundsätzlich kritisch eingestellt. «Doch in der Bevölkerung breit abgestützte Institutionen mit lokalem Mehrwert wie beispielsweise die Staatsgarantie für die Kantonalbanken dürfen nicht leichtfertig geopfert werden.»
Probleme sieht der Zuger auch bei der Diskussion um den Europäischen Gerichtshof. Tännler: «Es muss ein echter Interessenausgleich zwischen der Position der Schweiz und jener der Europäischen Union erfolgen.» Die im Abkommen vorgesehene Streitbeilegung entspreche diesem Ausgleich nicht, da im Streitfall immer die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs abgerufen werden müssten und zu übernehmen seien. «Es geht nicht an, dass die Schweiz sich einer fremden Gerichtsbarkeit unterwirft», hält Tännler fest.
Jetzt ist der Bundesrat gefordert
Auch der Thurgauer Regierungsrat Jakob Stark kann dem Rahmenabkommen in der vorliegenden Form «nicht zustimmen». Er führt ähnliche Kritikpunkte ins Feld wie Tännler.
Der Exekutivmann: «Ein Vertrag macht nur Sinn, wenn eine grosse Mehrheit des Schweizer Volkes davon überzeugt ist.»
In den Augen der SVP-Schwergewichte ist jetzt der Bundesrat gefordert. «Ich bin überzeugt, dass sehr wohl Spielraum für Nachverhandlungen besteht», sagt Tännler. «Der Bundesrat sollte deshalb ein klares Interesse und Bekenntnis zu einem Rahmenabkommen bekunden und gleichzeitig die Leitplanken aufzeigen.» Neben der Ablehnung einer fremden Gerichtsbarkeit sollen sich die Nachverhandlungen auf sehr wenige Kernpunkte beschränken. Tännler: «Damit zeigt sich die Schweiz als selbstbewusster, aber doch auch verlässlicher Partner.»
Mit diesen Positionen ist der Konflikt in der SVP vorprogrammiert. Christoph Blocher beschimpft die Regierungsräte jedenfalls bereits als «Anpasser».